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Löw: "Ich habe keine Angst"

Joscha Weber (z. Zt. in Rio de Janeiro)12. Juli 2014

Kurz vor dem Spiel der Spiele seiner Laufbahn zeigt sich Bundestrainer Joachim Löw so locker wie vor einem Freundschaftsspiel. Ist das gespielt oder tatsächlich echt? Vieles spricht für Letzteres.

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Joachim Löw lächelt bei der PK (Foto: ADRIAN DENNIS/AFP/Getty Images)
Bild: Adrian Dennis/AFP/Getty Images

Soll man ihm das wirklich glauben? Joachim Löw sitzt dort oben auf dem Podest der FIFA-Pressekonferenz, der letzten vor dem Tag, der seine Karriere krönen soll, und er versucht, das alles herunterzuspielen. "Für mich persönlich ist es nicht die größte Herausforderung, da gab es auch schon andere, die ähnlich waren", versucht Löw das zu relativieren, was ihn am Sonntag im Maracanã (ab 21 Uhr MESZ im DW-Liveticker) erwartet. Das WM-Finale? Nicht die größte Herausforderung? Erst zweifelt man, doch dann wird klar: Löw meint das wirklich ernst. "Jedes K.o.- Spiel ist für einen Trainer immer eine ganz besondere Herausforderung, wenn man weiß, man muss jetzt gewinnen, um weiterzukommen", ist er bemüht, auch dieses Finale in eine Reihe von vielen Fußballspielen einzuordnen, die er bereits bestritten hat. Joachim Löw, den die Presse hier unlängst schon "Mr. Cool" taufte, tut kurz vor dem Endspiel alles, um den Ball flach zu halten - und wirkt dabei tatsächlich authentisch.

Wer Löw in den vergangenen Wochen, vom Trainingslager in Südtirol über das Teamquartier in Santo André bis zum Finale hier in Rio de Janeiro beobachtet hat, kann eine gewisse Kongruenz feststellen. Verbale Aussagen und nonverbale Körpersprache stimmen bei ihm überein. Der Bundestrainer lebt, was er spricht und spricht, was er lebt. Er ruht in sich, wirkt souverän, unbeeindruckt von Kritik und vor allem so, wie er es auch von seinen Spielern erwartet: fokussiert.

Löw erwartet einen "unheimlichen Fight"

Joachim Löw nimmt einen Ball mit Vollspann beim Training (Foto: EPA/KAMIL KRZACZYNSKI)
Selbst mit Spaß am Ball: Bundestrainer Joachim LöwBild: picture-alliance/dpa

Er weiß, was ihn erwartet und genau deshalb bringt es ihn nicht aus der Ruhe. "Dies wird ein packendes Finale mit unheimlichen Fight", sagt Löw voraus und erwartet Argentinien "viel besser organisiert als 2010". Damals warf die deutsche Elf die Südamerikaner im Viertelfinale mit 4:0 achtkantig aus dem WM-Turnier in Südafrika. Nun aber warnt Löw vor den defensiv wie offensiv starken Argentiniern und bleibt dabei äußerlich dennoch total gelassen. "Ich habe gar keine Angst. Das wird ein Spiel zweier Mannschaften, die sich immer packende Duelle geliefert haben", sagt Löw und bleibt sich treu: Alles nichts Neues, haben wir doch alles schon mal gesehen.

Natürlich stimmt das so nicht ganz. Zum ersten Mal steht er als Trainer mit der deutschen Mannschaft in einem WM-Finale, hat die große Chance, seinen Namen in der Fußballgeschichte zu verewigen. Im fußballbegeisterten Deutschland würde Löw als Weltmeister-Trainer endgültig zu einer der angesehensten Persönlichkeiten des Landes aufsteigen. Löw weiß um die historische Chance und er will sie nun ergreifen, endlich auch den Ruf des Schöngeists ablegen und zum Erfolgstrainer werden.

"Nicht nur Messi"

"Wir sind überzeugt, wenn wir unsere Qualität ins Spiel bringen, wenn wir unser Spiel durchsetzen können, dann werden wir gewinnen", sagt Löw mit fester Stimme und verrät, dass es natürlich auch "eine Zusatzfreude" wäre, würde sein Team als erste europäische Mannschaft in der Geschichte des Fußballs bei einer WM in Südamerika den Titel gewinnen. Löw will Geschichte schreiben.

Lionel Messi setzt sich gegen drei niederländische Gegenspieler durch (Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch)
Spielt oft den Alleinunterhalter, hat aber auch talentierte Mitspieler: Lionel Messi (2.v.l.)Bild: Reuters

Dem steht nur noch Argentinien im Weg. Aber was heißt hier nur noch?! Argentinien hat während dieser WM beeindruckt, auch den Bundestrainer, der die defensive Disziplin der Albiceleste schätzt. Man habe gesehen, dass Argentinien vor allem in der Abwehr kompakt und sehr stark gespielt habe, so Löw. Und offensiv? "Diese Mannschaft ist nicht nur Messi", macht der deutsche Coach klar. "Würde man das denken, würde man einen Fehler machen." Gonzalo Higuian, Sergio Leonel Agüero und - wenn er fit werde - auch Angel di Maria seien genauso zu beachten wie der vierfache Weltfußballer.

Und was, wenn Deutschland verliert?

Doch trotz aller Klasse Argentiniens: Löw scheint davon überzeugt zu sein, dass die deutsche Mannschaft ihr Glück selbst in der Hand hat, nahezu unabhängig vom Gegner. "Wir sind jetzt als Mannschaft reifer geworden, wir haben gezeigt, was in uns steckt. Wir haben einen Weg beschritten, der die letzten Jahre kontinuierlich nach oben ging", erinnert Löw und will damit sagen: Die Zeit ist reif.

Dennoch macht Löw den Titel nicht zur einzigen Option. Er versucht, etwas Druck von seinem Team und sicher auch von sich selbst zu nehmen wenn er sagt, dass im Falle einer Niederlage "nicht alles in Schutt und Asche" liege. Natürlich wäre man enttäuscht, meint Löw, "aber diese Mannschaft und der deutsche Fußball haben eine Zukunft". Ob die dann auch mit ihm stattfinden werde, verrät er nicht. Vieles spricht aber dafür, dass sein Weg hier in Rio de Janeiro noch nicht enden soll.