Luxemburger Steuerpolitik im Visier der EU
19. September 2016Im Visier der Wettbewerbshüter stehen Vereinbarungen zwischen dem Großherzogtum und dem französischen Energieunternehmen Engie, wie die Brüsseler Behörde am Montag mitteilte. Engie firmierte bis zum vergangenen Jahr unter dem Namen GDF Suez und ist einer der größten Energiekonzerne in Europa. Wie bei Fiat Chrysler, Amazon und McDonald's vermutet die Brüsseler Behörde ungerechtfertigte Steuervorteile auch für Engie.
Konkret geht es um Steuervorbescheide von 2008 für Steuermodelle von vier Unternehmen des Engie-Vorgängers GDF Suez mit Sitz in Luxemburg. Unternehmenstöchter gaben sich dabei gegenseitig zinslose Darlehen. "Die steuerliche Behandlung scheint zu einer doppelten Nichtbesteuerung sowohl des Darlehensgebers als auch des Darlehensnehmers für Gewinne in Luxemburg zu führen", schreibt die Kommission. Sie vermutet, dass GDF Suez Steuervorteile erhalten habe, die andere Unternehmen nicht gehabt hätten.
Nicht die erste Affäre um Steuervorteile
Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte zuletzt mit einer Entscheidung im Fall Apple Furore gemacht: Der US-Konzern erhielt aus Sicht der Kommission von Irland wettbewerbswidrige Vorteile und soll nun 13 Milliarden Euro nachzahlen. Der Fall Engie ist nicht so groß - die EU nennt noch keine Summen.
Die Kommission hat bereits unrechtmäßige Beihilfen an Fiat Chrysler in Luxemburg angeprangert. Dagegen zogen sowohl die Regierung des Landes als auch der Konzern vor Gericht. In weiteren Verfahren gegen Amazon und McDonald's fiel noch keine Entscheidung. Das luxemburgische Finanzministerium erklärte, die Eröffnung des vertieften Verfahrens sei noch keine Vorentscheidung. Man sei überzeugt, dass Engie keine speziellen oder selektiven Vorteile gewährt worden seien.
Die EU sucht schon seit der "LuxLeaks"-Affäre von Ende 2014 nach besseren Strategien gegen unfairen Steuerwettbewerb. Damals hatte ein internationales Recherchenetzwerk über hunderte Fälle berichtet, in denen multinationale Konzerne in Luxemburg auf Kosten anderer EU-Länder Steuerzahlungen vermieden. Sie nutzten dazu Tochterfirmen, die im Prinzip selbst keinen Umsatz machten, und verlagerten ihre Gewinne aus anderen EU-Staaten auf sie.
Auch Polen unter Verdacht
Auch Steuerregelungen in Polen sind ins Visier der EU-Kommission geraten. Dabei geht es um unterschiedliche Steuersätze im Einzelhandelssektor, teilte die Brüsseler Behörde ebenfalls am Montag mit. Unternehmen mit geringem Umsatz werden demnach niedriger besteuert als Händler mit höherem Umsatz. Unter bestimmten Umständen werden sie sogar ganz von den Abgaben befreit. Das gebe einzelnen Firmen einen Vorteil und verstoße möglicherweise gegen EU-Beihilfevorschriften, hieß es.
Dies solle nun genauer untersucht werden. Die Steuer wurde im Juli beschlossen und trat Anfang September in Kraft. Die EU-Kommission wurde laut eigener Aussage von Polen nicht über die Änderungen informiert, sondern sei erst nach Medienberichten darauf aufmerksam geworden. In einem ähnlichen Fall hatte die EU-Kommission unlängst eine vergleichbare Regelung in Ungarn für unzulässig erklärt.
iw/wen (dpa, rtr, afp)