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Lou Andreas-Salomé

Hannelore Hippe/Heike Mund
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Lou Andreas-Salomé (Porträt: picture alliance / akg-images, Montage: Philip Kleine / Peter Steinmetz)
Bild: Fotomontage: DW

"Max Werner kam neben eine junge Russin zu sitzen, die er zum ersten Mal sah. Ihren lang klingenden Namen überhörte er bei der Vorstellung, doch wurde sie von den anderen einfach als 'Fenia' oder 'Fenitschka' angeredet."

Die Autorin

Die Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé (Foto: picture alliance / akg-images)
Lou Andreas-SaloméBild: picture-alliance / akg-images

Geboren am 12. Februar 1861 in St. Petersburg als Louise Salomé
Gestorben am 5. Februar 1937 in Göttingen

Lou Andreas-Salomé wuchs in einer großbürgerlich-aristokratischen Familie auf, die ursprünglich aus Norddeutschland und Südfrankreich stammte. Die schöne und verwöhnte junge Frau lebte ein selbstbestimmtes Leben, geprägt von intellektueller Neugier und kreativem Schaffen. Sie begann ein Studium der Religionswissenschaft, Geschichte und Metaphysik in Zürich. Später wandte sie sich als Schülerin Sigmund Freuds der Psychoanalyse zu. Schon früh begriff sie das Schreiben als Mittel der Selbstreflexion. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane, Erzählungen und Essays, in denen sie besonders die Rolle der Frau in ihrer Epoche beleuchtete. Ihr Ruf als intellektuelle Femme Fatale, der ihr durch spektakulären Beziehungen zu dem Philosophen Friedrich Nietzsche und dem Dichter Rainer Maria Rilke anhaftete, überschattete ihre eigenen literarischen Erfolge. Doch nimmt sie durch ihre unkonventionelle Lebensführung, ihre starke Ausstrahlung und ihre literarischen Arbeiten einen wichtigen Platz in der deutschen Kulturgeschichte ein.

Der Text

Der Psychologieabsolvent Max Werner lernt im Paris des Fin de Siècle die junge Russin Fenitschka kennen. Sie fällt ihm durch ihr offenes, unangepasstes Verhalten auf, das sich weder um Klassengepflogenheiten noch gängige gesellschaftliche Muster schert. Fenia, wie sie auch genannt wird, studiert in Zürich, wo sie entgegen aller Schicklichkeit auch noch alleine lebt. Max ist hin und her gerissen in seinen Gefühlen ihr gegenüber. Auf der einen Seite lehnt er Frauen ab, die studieren und sich Männern intellektuell ebenbürtig wähnen. Solche emanzipierten jungen Damen findet er abstoßend und uninteressant. Auf der anderen Seite muss er zugeben, dass ihre Stärke, ihre Gelassenheit und ihre natürliche Wärme Fenitschka für ihn auch als Frau äußerst anziehend machen. Unter einem Vorwand bringt er sie dazu, ihn in sein Hotel zu begleiten. Vertrauensvoll und ohne Argwohn folgt sie ihm und muss dann erkennen, dass sie seine Absichten völlig falsch eingeschätzt hat. Bevor etwas passiert, kann sie das Hotel verlassen. Dass man sie dabei beobachtet, ahnt sie nicht.

St. Petersburg, Newskij-Prospekt, Fotochrom aus dem Album 'St.Petersburg, Stockholm', um 1900 (Foto: picture alliance / akg-images)
"... diese anziehende Vereinigung von Paris und Stockholm": St. Petersburg um die JahrhundertwendeBild: picture-alliance / akg-images

Ein Jahr später trifft Max Werner sie bei einem Besuch in St. Petersburg unerwartet wieder. Der peinliche Vorfall im Hotel scheint vergessen, und Fenitschka fasziniert ihn noch mehr als zuvor. Zwischen den beiden entwickelt sich eine ungewöhnliche Beziehung, die von enger Vertrautheit geprägt, dennoch in den Konventionen zwischen Mann und Frau gefangen bleibt. Ist Liebe und gleichzeitig tiefe Freundschaft zwischen beiden möglich?

Obgleich vor einhundert Jahren geschrieben, wirkt die Erzählung "Fenitschka" geradezu beunruhigend aktuell. Selbst in Zeiten eines emanzipierteren Geschlechterverhältnisses berührt uns dieses filigrane Bild einer ungewöhnlichen Frau, die bei sich ist und es dennoch nicht sein darf.

Die Sprecherin

Die Schauspielerin Edda Fischer
Edda Fischer

Edda Fischer ist eine Meisterin des sekundenschnellen Rollenwechsels: Wenn sie einen dialogstarken Text liest, beginnt man beim Zuhören die Personen und Szenerien vor Augen zu sehen. Seelenlandschaften tun sich auf, ein Hörfilm entsteht.

Geboren 1966 in Düsseldorf, hat sie ihr schauspielerisches Handwerk bei Wilberton George in New York und bei Ian Halcrow in London gelernt. Nach ihrer Ausbildung entschied sie sich für die frei schaffende Schauspielarbeit. Auf der Theater-Bühne ist sie genauso zuhause wie vor der Filmkamera und hat zahlreiche Kino- und Fernsehrollen gespielt. Seit einigen Jahren arbeitet sie vor allem für Radioproduktionen, als Synchronstimme und als Sprecherin für Hörbücher.

Die Klassiker - Lou Andreas-Salomé: Fenitschka
Sprecherin: Edda Fischer
Produktion: interface studios, Köln
Regie: Heike Mund
Online-Realisation: Claudia Unseld
Redaktion: Gabriela Schaaf