1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lilibeth und Co

Bernd Riegert4. Juni 2012

Die Queen feiert ihr 60. Thronjubiläum. Elizabeth II. ist die dienstälteste Monarchin Europas. Auch in sechs weiteren Staaten walten Königinnen und Könige ihres Amtes, die meisten von ihnen im Rentenalter.

https://p.dw.com/p/155Qm
Königin Elisabeth II. von England bei Feierlichkeiten zu ihrem 60. Thronjubiläum (Foto: EPA/MOD)
Bild: picture-alliance/dpa

Lilibeth, so wird die Herrscherin des Vereinigten Königreichs von Freunden genannt, entfaltet die größte Pracht. Die Queen und die weiteren 17 Mitglieder ihrer Familie, die das Königshaus bei offiziellen Anlässen vertreten, sind weltweit die bekannteste royale "Firma". Der ARD-Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert sieht dafür einen einfachen Grund: "Es ist das Königshaus, das den größten Pomp entfaltet. Man muss sich nur einmal überlegen, welchen der gegenwärtigen Könige - abgesehen von der Queen - man je mit einer Krone auf dem Kopf gesehen hat." 60 Jahre sitzt Elizabeth nun auf dem Thron und denkt auch mit 86 Jahren noch nicht ans Abdanken. "Sie ist beliebter als je zuvor", so ihre Biografin Kate Williams. Angeblich will sie den Rekord ihrer Urahnin, Queen Victoria, brechen, die im vorletzten Jahrhundert 63 Jahre regiert hat.

Sieben Königreiche in Europa

Das britische Königshaus ist in Europa nicht allein. In Norwegen, Schweden, Dänemark, Belgien, Spanien und den Niederlanden sind die Staatsoberhäupter ebenfalls Könige. Sie erben ihre Ämter und werden nicht gewählt, obwohl diese Staaten alle parlamentarische Demokratien sind. Monarchien haben sich überall dort erhalten, wo es in den vergangenen 150 Jahren vergleichsweise ruhig war, sagt die Adels-Historikerin Monika Wienfort: "Wo es keine Umwälzungen gab und keine Revolution im klassischen Sinne, wo die Weltkriege eine andere Bedeutung hatten, überall dort existieren Monarchien weiter."

Königin Beatrix küsst Königin Elizabeth beim Gruppenempfang (Foto: dpa)
Sie sind die einzigen Königinnen, die sich duzen: Trixi (Niederlande) und Lilibeth (Großbritannien).Bild: picture-alliance/dpa

Dänemark sei dafür ein gutes Beispiel, sagt Wienford. "Die konstitutionelle Monarchie bleibt bestehen, weil es, so vermute ich, auch keine gesellschaftliche Mehrheit für eine Abschaffung gibt." Das gilt auch für Großbritannien: Dort sprachen sich in einer aktuellen Meinungsumfrage etwa 80 Prozent der Untertanen dafür aus, Hof, Krone und Königin auf jeden Fall zu behalten. "Man wird auch nicht erwarten, dass in einem vereinten Europa diese Revolutionen noch ausbrechen. Deshalb haben die Monarchien eine gute Chance, auch noch weiter zu bestehen", so die Adels-Historikerin.

Monarchien älter als Republiken

Die natürliche Staatsform in Europa sei eigentlich die Monarchie mit jahrhundertelanger Tradition, sagt Monika Wienfort. Die einzige Republik in nennenswertem Alter sei die Schweiz. Alle anderen Staaten haben erst seit einigen Jahrzehnten diese Staatsform. In Spanien war die Monarchie durch die faschistische Franco-Diktatur lediglich unterbrochen. Seit 1975 regiert Juan Carlos I. In Belgien wurde die Monarchie 1830 begründet, als der neue Staat entstand. Bis heute ist das Königshaus, das von Albert II. angeführt wird, die entscheidende Klammer für den Staat mit seinen beiden zerstrittenen Volksgruppen der Wallonen und Flamen. Albert II. zeigt sich im Gegensatz zu seiner britischen Kollegin nicht so oft in der Öffentlichkeit und schweigt meistens eisern. In den Niederlanden herrscht Königin Beatrix. Sie war mit dem 2002 verstorbenen Deutschen Claus von Amsberg verheiratet.

Die britische Königin Elizabeth II. (M) trifft mit Königin Beatrix der Niederlande, König Harald von Norwegen, Königin Margrethe von Dänermark, und Königin Sofia von Spanien (l-r) zu einem Dinner anlässlich ihres Goldenen Thronjubiläums in Windsor Castle ein (Foto: dpa)
Versammelt beim Queen-Jubiläumsessen 2002: Beatrix, Elisabeth, Margrethe von Dänemark und Sofia von Spanien (von li. nach re.)Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb

In Dänemark regiert die Familie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg bereits seit 1448. Königin Margrethe II. vertritt damit heute die älteste Dynastie in Europa. Die talentierte Künstlerin und bekennende Raucherin gibt sich betont volksnah. Anlässlich ihres Thronjubiläums im Jahr 2002 sagte sie über sich selbst, sie habe im Amt viel gelernt. "Ich glaube, ich habe mein Gleichgewicht gefunden. Vielleicht bin ich offener geworden, auch kritischer. Beides halte ich für sehr wichtig: Tolerant zu sein, aber nicht zaghaft."

"Deutsche" Königin Silvia

Norwegen wird bereits seit dem Mittelalter von Königen regiert - doch die kamen ab 1370 lange Zeit aus einem anderen Land. Bis 1905 gehörte Norwegen staatsrechtlich zu Schweden. Dann wurde ein Enkel des dänischen Königs Monarch in Norwegen. Erst seit 1991 regiert mit Harald V. ein wirklich in Norwegen geborener König. In Schweden sitzt seit 1973 Carl XVI. Gustaf auf dem Thron. Er ist mit einer Deutschen, Silvia Sommerlath, verheiratet.

Alle miteinander verwandt

Alle Könige und Königinnen sind im Rentenalter angekommen, der Jüngste ist Carl XVI. Gustaf in Schweden mit 66 Jahren. In allen Monarchien Europas steht in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren ein Generationswechsel an. Thronfolger sind in allen Königreichen vorhanden, der Fortbestand ist gesichert. Allerdings heiratet man nicht mehr wie früher untereinander Prinzen und Prinzessinnen, sondern bevorzugt sogenannte "Bürgerliche". Den Trend begründet Adelsexpertin Monika Wienfort damit, dass sich die Herrscherhäuser heute volksnaher und nationaler geben. Außerdem lernten Prinzen und Prinzessinnen, wenn sie die Universität besuchen, dort ganz zwangsläufig Menschen kennen und lieben, die nicht dem Hochadel angehören. Früher war es vor allem aus Gründen der Machterhaltung üblich, nur standesgemäß zu heiraten. Das führte dazu, dass die Herrscherfamilien, Könige und Königinnen alle miteinander verwandt sind. Die meisten europäischen Monarchen stammen heute aus den Familien Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg oder Sachsen-Coburg-Gotha. Selbst die Queen hat deutsches Blut in ihren Adern: Der Familiename der englischen Könige wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg von Sachsen-Coburg-Gotha in den Kunstnamen Windsor umgewandelt.

Ein letzter "absoluter" Fürst in Europa

In Deutschland musste Kaiser Willhelm II. nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg abdanken und der neu entstehenden Republik Platz machen. Trotzdem sind gerade die Deutschen treue Fans der europäischen Königshäuser. Über Klatschpresse und Boulevard-Fernsehen nehmen Millionen Menschen Anteil am Privatleben und den Skandalen der Royals. "Man sucht eine Familie an der Spitze des Staates mit hohem Identifikationspotential", so die Historikerin Wienfort. "Die machen ja eigentlich normale Dinge. Die heiraten, kriegen Kinder, sterben. Aber sie machen es eben öffentlich und mit großem Pomp. Wann sieht man schon mal eine Kutsche, ein Schloss, tolle Kleider? Klar, dass man da hinschaut."

Kirchenfürst Benedikt XVI. (r.) zu Gast bei den katholischen Majestäten von Spanien, Juan Carlos und Sofia (Foto:Gregorio Borgia/AP/dapd)
Kirchenfürst Benedikt XVI. (r.) zu Gast bei den katholischen Majestäten von Spanien, Juan Carlos und SofiaBild: dapd

Übrigens gibt es in Europa rein staatsrechtlich gesehen auch noch eine absolute Monarchie ohne Parlament und ordentliche Gerichtsbarkeit: Im Vatikan herrscht in weltlichen Dingen mit absoluter Macht das Oberhaupt der katholischen Kirche. Der Papst erlangt sein Amt allerdings durch Wahl und nicht durch Erbschaft. Neben den Königreichen gibt es in Europa noch eine Reihe von kleinen Fürstentümern, zum Beispiel Andorra zwischen Spanien und Frankreich gelegen. Dort regieren zwei sogenannte Ko-Fürsten. Der eine ist der Bischof von La Seu d'Urgell, der andere ist der französische Staatspräsident Francois Hollande.