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Lieberknecht: "Es kribbelt"

Pascal Jochem7. August 2013

Eintracht Braunschweig startet nach 28 Jahren wieder in der Bundesliga. Trainer Torsten Lieberknecht spricht im DW-Interview über die Euphorie der Fans, die große Herausforderung und die Vergleiche mit Greuther Fürth.

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Porträt von Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht. Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Herr Lieberknecht, nach fast drei Jahrzehnten kehrt die Eintracht am Samstag gegen Werder Bremen auf die große Bühne zurück. Endlich wieder Bundesliga, zum Start auch noch ein Heimspiel, beginnt so langsam das Kribbeln?

Torsten Lieberknecht: Es kribbelt schon die ganze Zeit und es wird immer heftiger, je näher der Saisonstart rückt. Nicht nur bei mir, auch bei den Spielern. Die Vorfreude in Braunschweig ist riesig, aber nicht erst seit heute. Schon in den letzten Jahren herrschte bei uns eine große Euphorie rund um den Verein und die Mannschaft. Wenn man in der Stadt herumfährt, sieht man viele freudige Gesichter oder Braunschweig-Fahnen, die gehisst werden.

Das war auch im Trainingslager in Österreich zu spüren. Zum Abschluss gab es ein gemeinsames Grillfest, organisiert von der Mannschaft, für die mitgereisten Fans. Ziemlich untypisch für einen Bundesliga-Klub, finden Sie nicht?

Ich kann nicht über andere Vereine und Mannschaften sprechen, wie die das handhaben. Für uns ist die Nähe zu den Fans ein Kulturgut und das pflegen wir auch. Da geht es auch um Wertschätzung. Wir sind ein bodenständiger Verein, der weiß, dass die Fans mit das Wichtigste sind für Eintracht Braunschweig, weil sie jahrelang die Treue gehalten haben. So manch einer hätte wohl nicht gedacht, dass er den großen Traum von der ersten Liga noch mal erleben darf. Aber wir haben ihn wahr gemacht und die ganze Fan-Schar euphorisiert.

Braunschweiger Fans bedanken sich auf Transparenten beim Team für den Aufstieg. Foto: dpa
Treue FansBild: picture-alliance/dpa

Doch die Euphorie kann auch schnell in Ernüchterung umschlagen, wenn es nicht läuft. Im Pokal kam schon in der ersten Runde gegen Zweitligist Bielefeld das Aus. Wie realistisch ist der Klassenerhalt für die Eintracht?

Für viele wäre es ein Wunder, wenn wir drin bleiben. Aber wenn wir das umsetzen, was wir in den letzten Jahren gezeigt haben, dann sind wir in der Lage zu überraschen. In der letzten Saison war auch der Aufstieg in die Bundesliga gefühlt ein Wunder, dabei standen wir ab dem zweiten Spieltag immer auf einem Aufstiegsplatz.

In der ersten Liga ist die Mannschaft jedoch ziemlich unerfahren. Im gesamten Eintracht-Kader stehen nur fünf Profis mit Bundesliga-Erfahrung.

Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Auch in der zweiten Liga hatten wir viele Spieler, die noch nicht dort gespielt hatten. Wir haben Spieler mit Qualität hinzubekommen und auch in dieser Saison wieder eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern. Die Bundesliga ist etwas Neues für uns, das ist klar. Du spielst gegen Mannschaften, die du seit Jahren bewundert und als Vorbilder genommen hast - und jetzt darfst du dich mit den Besten der Besten messen, in der momentan wahrscheinlich wohl besten Liga der Welt. Deswegen wird es auch eine Kunst sein für die Spieler, den Respekt schnell abzulegen und keine Furcht zu haben. Wir sind schließlich aufgestiegen, weil wir auch etwas gezeigt haben und ordentlichen Fußball spielen können.

Bierdusche für Lieberknecht nach dem Aufstieg. Foto: dpa
Bierdusche für Lieberknecht nach dem Aufstieg in die BundesligaBild: picture-alliance/dpa

Trotzdem gibt es nicht wenige Experten, die meinen, der Eintracht drohe als Abstiegskandidat Nummer eins das gleiche Schicksal wie Greuther Fürth in der Vorsaison. Was entgegnen Sie denen?

Ich finde, es ist keine große Kunst, irgendetwas Negatives zu prophezeien. Wer hat den Aufstieg von Eintracht Braunschweig in die erste Liga prophezeit? Es ist doch schade, dass Greuther Fürth jetzt immer als Synonym für den Absteiger schlechthin herhalten muss. Wir wollen uns nicht mit Greuther Fürth vergleichen und auch nicht mit den 17 anderen Bundesligisten, weil der Unterschied einfach zu groß ist. Wir wollen uns selbst treu bleiben und wieder überraschen. Nächstes Jahr zur Saison 2014/15, wenn der Spielplan für die erste Liga rauskommt, wollen wir wieder mit dabei sein.

Was kann die Eintracht besser machen in dieser Saison, damit das gelingt? 

Wir werden alles abrufen müssen. Physisch sowie technisch-taktisch. Wir brauchen die Unterstützung der Fans, wir brauchen Herz und Leidenschaft. Wir brauchen Ruhe. Und vor allen Dingen brauchen wir eine realistische Einschätzung der Situation und unserer Spiele.Und wenn das alles gegeben ist, können wir es packen.

Torsten Lieberknecht trug als Mittelfeldspieler von 2003 bis zu seinem Karriereende 2007 das Trikot von Eintracht Braunschweig. Dann wechselte er auf die Trainerbank, zunächst bei den A-Junioren der Eintracht. Seit 2008 betreut der 40-Jährige die erste Mannschaft der Braunschweiger und führte sie von der dritten Liga zurück in die Bundesliga.

Das Interview führte Pascal Jochem.