Bislang galt in einigen deutschen Bundesländern: Frauen mit einem Kopftuch dürfen an Schulen nicht unterrichten. Deutschlands höchstes Gericht hat nun entschieden, dass dies gegen die Religionsfreiheit verstößt.
Muslimischen Lehrerinnen kann das Tragen eines Kopftuchs nicht per Gesetz verboten werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Das Urteil richtet sich erst einmal nur gegen das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW). Hier steht seit dem Jahr 2006 im Schulgesetz, dass Lehrerinnen im Unterricht kein Kopftuch tragen dürfen. Der Grund: Lehrer und Lehrerinnen sollen ihre Schüler nicht beeinflussen, wenn es um den Glauben geht.
Vor dem höchsten deutschen Gericht in Karlsruhe haben zwei muslimische Frauen gegen das sogenannte Kopftuch-Verbot geklagt. Sie fanden, man darf nicht einfach das Kopftuch für Muslima an Schulen verbieten und gleichzeitig die Ordenstracht für Nonnen oder Mönche und die Kippa für Juden erlauben. Die Richter in Karlsruhe gaben ihnen recht: Die christliche und jüdische Religion darf nicht gegenüber dem Islam bevorzugt werden.
Das Bundesverfassungsgericht urteilte, das Kopftuch-Verbot verstößt gegen das deutsche Grundgesetz. Denn darin ist geregelt, dass jeder Mensch seine Religion ausleben darf. Außerdem waren die Richter der Ansicht: Nur weil eine Lehrerin ein Kopftuch trägt, beeinflusst sie nicht den Glauben ihrer Schüler. Kritiker befürchten jedoch, dass muslimische Mädchen und junge Frauen nun unter Druck geraten könnten, wenn selbst ihre Lehrerin ein Kopftuch trägt.
Die nordrheinwestfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann ist dagegen mit der Entscheidung aus Karlsruhe zufrieden: „Ich freue mich sehr über das Urteil, schließlich gehört für uns in Nordrhein-Westfalen der Islam zu einer multireligiösen Gesellschaft dazu.“ Sie will das Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen jetzt so schnell wie möglich ändern. Auch in acht weiteren Bundesländern wird das Kopftuch-Verbot nach dem Karlsruher Urteil aufgehoben werden müssen.
Glossar
Kopftuch, -tücher (n.) – eine Kopfbedeckung, die manche Frauen (häufig aus muslimischen Ländern) aus traditionellen oder religiösen Gründen tragen
per – hier: durch; von
gegen ein Gesetz verstoßen – illegal handeln; etwas Verbotenes tun
Bundesverfassungsgericht (n., nur Singular) – oberstes Gericht in Deutschland, dessen Entscheidungen verpflichtend für andere Gerichte sind
sich gegen etwas richten – etwas öffentlich kritisieren und angreifen
Bundesland, -länder (n.) – ein Teilstaat, der zusammen mit anderen die Bundesrepublik Deutschland bildet
sogenannt – so wie etwas genannt wird, obwohl es keinen offiziellen Namen dafür gibt
Ordenstracht, -en (f.) – die Kleidung, die Menschen tragen, die gemeinsam nach Regeln ihrer Religion zusammenleben
Nonne, -n (f.) – eine Frau, die in einem Kloster lebt und für Gott lebt
Mönch, -e (m.) – ein Mann, der in einem Kloster lebt und für Gott lebt
Kippa, - (f.) – die traditionelle Kopfbedeckung männlicher Juden
Richter (m.) – jemand, der in einem Gericht über das Urteil entscheidet
jemandem recht geben – sagen, dass die Meinung einer Person richtig ist
jemanden bevorzugen – jemanden besser behandeln als jemand anderen
Grundgesetz (n., nur Singular) – der Name der deutschen Verfassung
etwas aus|leben – mit etwas so leben wie man will; sich für etwas frei entscheiden
etwas befürchten – Angst vor etwas haben; erwarten, dass etwas Negatives passieren wird
unter Druck geraten – sich gezwungen fühlen etwas zu tun
multireligiös – mit vielen Religionen
etwas aufheben – hier: etwas beenden; etwas abschaffen
Fragen zum Text
1. Was hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden?
a) Ab sofort gilt ein Kopftuch-Verbot für muslimische Frauen, die als Lehrerinnen an Schulen unterrichten.
b) Das Kopftuchtuch-Verbot für Lehrerinnen in Nordrhein Westfalen verstößt gegen die Meinungsfreiheit.
c) Das Kopftuchtuch-Verbot für Lehrerinnen in Nordrhein Westfalen verstößt gegen die deutsche Verfassung.
2. Wer hat gegen das sogenannte Kopftuch-Verbot in Nordrhein-Westfalen geklagt?
a) Zwei Nonnen
b) Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
c) Zwei muslimische Frauen
3. Was bedeutet Religionsfreiheit?
a) Jeder darf in Deutschland seine Religion frei wählen und damit leben.
b) Die christliche und jüdische Religion darf gegenüber dem Islam bevorzugt werden.
c) Staatliche Einrichtungen müssen frei von religiösen Einflüssen sein.
4. Die nordrheinwestfälische Schulministerin findet, … der Islam zu einer multireligiösen Gesellschaft dazugehört.
a) das
b) dass
c) dies
5. Das Bundesverfassungsgericht ist in Deutschland das höchste Gericht, … die Grundrechte und die Demokratie verteidigt.
a) dass
b) dieses
c) das
Abeitsauftrag
Wie sichtbar darf Religion eurer Meinung nach sein? Dürfen Lehrerinnen, Krankenpflegerinnen oder Erzieherinnen aus religiösen Gründen bei der Arbeit ein Kopftuch tragen?