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Leben und arbeiten in Pakistan

12. Februar 2012

Schwierige Länder scheinen eine Faszination auf ihn auszuüben. Ob Sudan, Bangladesch oder Pakistan, Goethe-Instituts-Leiter Markus Litz ist stets darauf aus, seinen Horizont zu erweitern.

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Dr. Markus Litz, Leiter des Goethe-Instituts am Strand von Karachi mit pakistanischen Kindern. (Foto: Markus Litz)
Markus Litz ist Leiter des Goethe-Instituts in PakistanBild: Markus Litz

Markus Litz gerät ins Schwärmen. "Vor allem junge Leute haben ein immenses Potenzial. Sie haben Hunger nach Bildung, nach Information und nach Austausch mit Menschen aus anderen Ländern", so der Leiter des Goethe-Instituts im pakistanischen Karachi. Nach fast vier Jahren ist er mitten in den Umzugsvorbereitungen. Es geht zurück nach Deutschland. Mit im Gepäck sind viele Erinnerungen an ein Land, dem er mehr Aufmerksamkeit in Deutschland wünschen würde: "Pakistaner wissen relativ viel über Deutschland, aber umgekehrt wissen Menschen in Deutschland wenig von Pakistan oder sie haben nur Negativ-Schlagzeilen im Kopf." Das könne sich nur ändern, wenn man den Austausch fördere und Begegnungen auf allen Ebenen ermögliche.

Litz, der Philosophie und Theaterwissenschaften studiert hat, verweist auf das Kulturabkommen zwischen Deutschland und Pakistan, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert. Das sei eine Gelegenheit, mehr Begegnungen auf den Weg zu bringen. Ideal wäre für ihn ein Journalistenaustausch: "Dass man pakistanischen Journalisten ermöglicht, einen Monat in Deutschland zu arbeiten, und umgekehrt deutsche Journalisten ermuntert, einen Monat das Leben in Pakistan zu erleben und teilweise auch zu erleiden."

Arbeiten unter schwierigen Bedingungen

Denn das Arbeiten ist nicht immer einfach in Pakistan, egal ob im Institut in Karachi oder auf Dienstreisen im Land. Litz erinnert sich an eine Recherchereise mit deutschen Künstlern in die Wüste Thar an der Grenze zu Indien: "Wir wurden ständig von sechs Polizisten begleitet. Das hat uns am Anfang alle befremdet und nachdrücklich irritiert." Im Laufe der Reise seien die schwer bewaffneten Polizisten dann jedoch quasi zu Freunden geworden, mit denen man abends am Feuer gesessen und gesungen habe. Die Recherche-Reise zeigte nicht nur die Vielfalt der kaum erschlossenen Kulturlandschaft, sondern auch das friedliche Zusammenleben von Muslimen und Hindus in dieser Region. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Spannungen in Pakistan sei es bemerkenswert, dass es Enklaven gebe, in denen ein friedliches Miteinander der Religionen durchaus möglich sei.

Das Gebäude des Goethe-Instituts in Karachi Pakistan (Foto: Markus Litz)
Das Gebäude des Goethe-Instituts in KarachiBild: Markus Litz

Die Sicherheitslage in Pakistan ist für die Arbeit von Menschen wie Markus Litz häufig eine Erschwernis. Bei Reisen in den Norden oder Nordwesten des Landes, an der Grenze zu Afghanistan, ist seit 2009 zusätzlich zu den aufwändigen Sicherheitsvorkehrungen ein Begleitschutz des Bundesgrenzschutzes obligatorisch. Das sieht Litz durchaus kritisch: "Das erschwert unsere Arbeit und unsere Zugänglichkeit. Wenn wir so auftreten, wirkt das auf manche unserer Partner abschreckend."

Kulturarbeit und Politik lassen sich in Pakistan nur schwer voneinander trennen. Das versucht sich Litz zunutze zu machen, bietet es ihm doch Möglichkeiten, neben seinem Kulturauftrag auch politische Botschaften zu vermitteln. Zum Beispiel zum Thema Menschenrechte: "Ich finde es sehr positiv, dass es einen großen Bedarf an Austausch zu diesem Thema gibt, und es möglich ist, wirklich freimütige Diskussionen zu dieser Problematik zu führen." Allerdings sei nicht alles möglich und sinnvoll in Pakistan, sagt Litz. Zuweilen übe man eine behutsame Selbstzensur aus. Vor allem, um Mitarbeiter und Besucher des Instituts nicht zu gefährden. Das sei immer eine Gratwanderung. Nach Anschlägen in der unmittelbaren Nachbarschaft des Instituts gebe es eine konstante Bedrohungssituation, die von den Mitarbeitern auch so wahr genommen werde. 

Sicherheit um jeden Preis?

Der gebürtige Kölner Litz möchte dennoch nicht so leben wie viele Ausländer in Pakistan - in Enklaven mit einem minimalen Bewegungsradius. "Bestimmte Gefahren blende ich aus oder verdränge sie, weil man sonst verrückt wird oder einen Sicherheitswahn bekommt." Und so geht er in seiner Freizeit zum Einkaufen auf den einheimischen "Empress Market", der in einer beeindruckenden Halle aus der Kolonialzeit untergebracht ist, oder er bummelt am Strand von Karachi entlang. Dort ist er inzwischen bestens bekannt und hat viele Freunde jeden Alters, weil er fast jeden Samstag kommt – zum Teetrinken oder zum Essen. "Als westlicher Ausländer ist man hier wie ein weißer Elefant und wird von vielen Menschen angesprochen. Das ist am Anfang sicherlich irritierend und manchmal auch ein bisschen lästig." Die Aufgeschlossenheit der Menschen und ihr echtes Interesse am jeweiligen Gesprächspartner glichen dies jedoch wieder aus, sagt Litz.

Vor dem Empress Markt in Karachi verkaufen Frauen getrocknete Früchte, geschützt von Sonnenschirmen (Foto: DPA)
Vor dem Empress Markt in KarachiBild: picture alliance/Asianet Pakistan

Dabei ist die Kommunikation nicht immer einfach. Litz verfügt über Grundkenntnisse in der Landessprache Urdu. Sie ermöglichen ihm zumindest Unterhaltungen über alltägliche Themen. Hinzu kommt das Improvisationstalent der Pakistaner, das Litz als "geradezu genial" empfindet. Nicht nur bei Unterhaltungen, sondern auch bei Veranstaltungen im Goethe-Institut: "Diese Leute schaffen es tatsächlich teilweise im letzten Moment noch etwas zu bewerkstelligen, was man für völlig unmöglich gehalten hat

Das Improvisationstalent der Menschen wird Markus Litz fehlen in Deutschland, ebenso wie ihr stets präsentes Lächeln.

Autorin: Sabine Hartert-Mojdehi
Redaktion: Daniel Scheschkewitz