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Politik

Brexit: Labour-Abgeordnete meutert

Birgit Maaß
8. Februar 2017

Bei der anstehenden zweiten und endgültigen Unterhausabstimmung zum Brexit will die Labour-Abgeordnete Mary Creagh gegen die Vorgabe der Parteiführung stimmen.

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Brexit Symbolbild Big Ben Unionjack
Bild: picture alliance/dpa/M. Kappeler

DW: Eine deutliche Mehrheit in Ihrem Wahlkreis im ländlichen Yorkshire hat für den Brexit gestimmt. Ist das ein Problem für Sie, wenn Sie sich gegen Ihre Wähler stellen, indem Sie gegen die Regierungsvorlage stimmen?

Mary Creagh: Ich wollte immer das Beste für meine Wähler. Und ich glaube, ein EU-Austritt liegt nicht in ihrem Interesse. Ich glaube, durch die gravierenden wirtschaftlichen Folgen werden sie ärmer. Und es liegt auch nicht in meiner DNA. Ich bin die Tochter eines irischen Einwanderers, ich habe im europäischen Ausland gelebt, ich glaube an die Labour-Werte Solidarität und Internationalismus. Ich kann einfach nicht dafür stimmen, die EU zu verlassen.

Wie wichtig ist die Frage denn für Ihre Wähler. Werden sie Sie bei der nächsten Wahl bestrafen?

Sehr viele Menschen haben am Referendum teilgenommen, viel mehr als bei Unterhauswahlen, und Leute aller Alters- und Einkommensgruppen haben für den Brexit gestimmt. Viele junge Leute, die noch nie gewählt haben, haben teilgenommen. Ob sie mich bei der nächsten Wahl für mein Abstimmungsverhalten bestrafen werden, wird davon abhängen, wie sich der Austrittsprozess bis dahin entwickeln wird. Aber es nützt nichts, Grundsätze zu haben, wenn man nicht bereit ist, dafür Opfer zu bringen. Ich habe immer gesagt, dass ich bis zu meinem Tod für die britische EU-Mitgliedschaft bleiben werde.

Mary Creagh - britische Politikerin
Mary Creagh: Grundsätze bringen nichts, wenn man nicht bereit ist, dafür Opfer zu bringenBild: Office of Mary Creagh MP

Das politische Klima in Großbritannien hat sich nach dem Brexit-Votum aufgeheizt. Fühlen Sie sich persönlich davon betroffen?


Ich habe auf Twitter und Facebook eine Menge Hassbotschaften bekommen, aber keine Morddrohungen oder ähnlich Schlimmes. Jemand hat einen Stein durch das Fenster meines Wahlkreisbüros geworfen. Das ist auch mehreren anderen weiblichen Labour-Abgeordneten passiert. Und nur ein paar Kilometer weg wurde meine Parteikollegin Jo Cox ermordet, weil sie proeuropäisch war. Daran muss ich natürlich denken. Wir erleben seit der Volksabstimmung mehr Hasskriminalität, und in Yorkshire ist der Rechtsradikalismus auf dem Vormarsch.

Theresa May hat versprochen, dass das Parlament nach Abschluss der Verhandlungen mit der EU in weniger als zwei Jahren erneut abstimmen kann. Ist das nicht ein wichtiges Zugeständnis?


Für mich hat diese Abstimmung keine Bedeutung. May hat gesagt, dass sie den Binnenmarkt verlassen will und dass wir zwischen den Bedingungen, die sie dann ausgehandelt haben wird, und den Regeln der Welthandelsorganisation, die den härtestmöglichen Brexit bedeuten würden, wählen können. Ich befürchte, dass der Brexit eine Katastrophe für das Land sein könnte. Er wird uns wirtschaftlich schaden, unsere Wettbewerbsfähigkeit senken, unsere Kommunen unter Druck setzen. Schon jetzt haben die Gemeinden unter Kürzungen wegen der Sparpolitik zu leiden, Bibliotheken und Schwimmbäder müssen schließen. Der Brexit wird weniger soziale Gerechtigkeit bringen.

Könnte es heute Abend bei der Abstimmung eine Rebellion geben?

Die Labour-Parteiführung glaubt, es wäre undemokratisch, sich nach der Volksabstimmung dem Brexit in den Weg zu stellen. Die Mehrheit meiner Parteikollegen werden also nicht von der Linie abweichen. Es könnte aber mehr Abgeordnete geben, die sich enthalten, auch bei den Konservativen. Die Brexit-Anhänger bei den Konservativen sind sehr nervös: Die Regierungsvorlage muss noch durchs Oberhaus, und man wird sehen, wie sie danach aussehen wird. Es könnte auch später noch einen Aufstand geben.

Mary Creagh ist die Labour-Abgeordnete für Wakefield und eine frühere Schatten-Entwicklungshiolfeministerin. 2015 war sie bei der Wahl zum Parteichef gegen Jeremy Corbyn angetreten, zog aber später ihre Kandidatur zurück.  

Die Fragen stellte Birgit Maaß.