1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Kriminalität

Lügde-Prozess: Geständnis der Angeklagten

27. Juni 2019

Die Überraschung kam gleich zu Beginn. Wenngleich der massenhafte Missbrauch von Lügde nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann: Die raschen Geständnisse ersparen den minderjährigen Opfern schmerzhafte Aussagen.

https://p.dw.com/p/3LAvQ
Die beiden Hauptangeklagten Mario S. (links) und Andreas V. mit ihren Anwälten (Foto: picture-alliance/dpa/B. Thissen)
Die beiden Hauptangeklagten Mario S. (links) und Andreas V. mit ihren AnwältenBild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Im Prozess um den hundertfachen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen auf einem Campingplatz in nordrhein-westfälischen Lügde haben die beiden Hauptangeklagten am ersten Verhandlungstag Geständnisse abgelegt. Andreas V. (56) und Mario S. (34) räumten die angeklagten Taten vor dem Detmolder Landgericht über ihre Verteidiger weitestgehend ein.

Bei den Ermittlungen waren mehr als 40 Opfer identifiziert worden, angeklagt sind die Gewalttaten gegen 34 minderjährige Opfer, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Bei dem dritten Angeklagte Heiko V. (49) war zunächst unklar, ob er gestehen würde. Sein Verteidiger hatte umfassende Äußerungen angekündigt.

18 Anwälte, 28 Opfer als Nebenkläger

Kurz zuvor hatten alle Verfahrensbeteiligten mit der Vorsitzenden Richterin Anke Grudda ein nicht-öffentlichen Rechtsgespräch geführt. Der Prozess gegen Andreas V. aus Lügde, Mario S. aus Steinheim (ebenfalls Nordrhein-Westfalen) und Heiko V. aus Stade (Niedersachsen) hatte mit der Anklageverlesung unter vorübergehendem Ausschluss der Öffentlichkeit begonnen. Alle 18 Anwälte, die 28 Opfer als Nebenkläger vertreten, hatten dies beantragt. Opferanwalt Christian Thüner hatte kurz vor Behandlungsbeginn gesagt, er hoffe auf Geständnisse. Damit müssen die Opfer das Erlebte nicht mehr vor Gericht schildern.

Journalisten warten vor dem Verhandlungssaal des Detmolder Landgerichts (Foto: picture-alliance/dpa/B. Thissen)
Journalisten warten vor dem Verhandlungssaal des Detmolder Landgerichts Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Die Vorsitzende Richterin Grudda betonte, schutzwürdige Interessen der Opfer würden sonst erheblich verletzt. Deren Namen seien in den Anklagen genannt. Ebenso würden die Missbrauchstaten im Detail aufgeführt, die gegen die Kinder und Jugendlichen verübt worden sein sollen. Auch alle Medienvertreter mussten den Saal verlassen.

Andreas V. und Mario S. mehr als 450 Gewalttaten beschuldigt

Andreas V. werden fast 300 Straftaten vorgeworfen. Er soll im Sommer 1998 und von 2008 bis 2018 insgesamt 23 Mädchen teilweise schwere sexuelle Gewalt angetan haben. Bei ihm fanden sich fast 900 Bild- und Videodateien, die sexuelle Übergriffe auf Minderjährige zeigen.

Der 34-jährige Mario S. ist angeklagt, in rund 160 Fällen acht Mädchen und neun Jungen missbraucht zu haben. Der Mann soll die Gewalttaten über einen Zeitraum von 20 Jahren ab 1999 auf dem Campingplatz und in seiner Wohnung verübt haben. Bei ihm wurden rund 4800 Bild- und Videodateien mit kinder- und jugendpornografischem Material sichergestellt. Den Vorwürfen zufolge hatten beide Männer manche Gewalttaten gefilmt. Einige der Kinder wurden Opfer sowohl von Andreas V. als auch auch von Mario S. Alle Opfer waren minderjährig, die jüngsten sollen erst vier Jahre alt gewesen sein. Der dritter Angeklagte (49) soll an mindestens vier Webcam-Übertragungen teilgenommen und teils zu den Taten angestiftet haben.

sti/rb (afp, dpa)