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KZ-Aufseher von Auschwitz verhaftet

6. Mai 2013

Die Polizei in Baden-Württemberg hat einen ehemaligen Aufseher des Konzentrationslagers Auschwitz verhaftet. Eine Anklageschrift werde derzeit vorbereitet, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

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Das verschneite Eingangstor der Gedenkstätte Auschwitz (Foto: Jan Schulte)
Bild: Jan Schulte

Der 93-Jährige stehe im dringenden Verdacht, in der Zeit von Herbst 1941 bis zur Auflösung des Lagers im Frühjahr 1945 die Morde in dem Vernichtungslager der Nazis unterstützt zu haben, heißt es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Der Mann, der zuletzt in Aalen lebte, habe während seiner Zeit in Auschwitz unter anderem als Aufseher gearbeitet. Seine Wohnung wurde durchsucht. Nach der Vorführung vor dem Haftrichter kam er in Untersuchungshaft.

Der Mann soll nach Angaben der Anklagebehörde wegen Beihilfe zum Mord angeklagt werden. Zwar gingen die Ermittler davon aus, das der Verdächtige in seiner Funktion als Aufseher nicht selbst Menschen getötet, wohl aber mit seinen Handlungen die Täter dort unterstützt habe, sagte eine Sprecherin der Anklagebehörde. Ein Arzt habe den Rentner trotz seines hohen Alters für haftfähig erklärt. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hatte seit November gegen den Mann ermittelt.

Alexandra Borisowa überlebte drei Konzentrationslager

Anfang April hatte die Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg zunächst mitgeteilt, noch in diesem Jahr müssten sich möglicherweise 50 mutmaßliche Aufseher aus den NS-Vernichtungslagern Auschwitz und Auschwitz-Birkenau wegen Beihilfe zum Mord vor Gericht verantworten. Die Namen und Angaben zu den Wohnorten der Tatverdächtigen lägen den Ermittlern vor, sagte der Leiter der Behörde, der leitende Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm. Sie lebten über ganz Deutschland verteilt und seien um die 90 Jahre alt.

Keine Gnade trotz hohem Alter

Wenig später erklärte Schrimm, seine Fahnder würden ihre Ermittlungen ausdehnen. Man schaue jetzt auch, wer in Treblinka, Soribor, Belzec und Majdanek Dienst getan habe, sagte er. Die Zahl der Verdächtigen könne sich so auf knapp 100 erhöhen.

Schrimm rechnet nach seinen Worten mit erfolgreichen Prozessen gegen die Täter. Das hänge freilich auch von ihrem Alter und ihrer Gesundheit ab. Nach dem Urteil gegen John Demjanjuk, der Wachmann im KZ Soribor war, reiche "jede Tätigkeit in einem Konzentrationslager aus, um wegen Beihilfe zum Mord zu verurteilen", selbst wenn keine direkte Tatbeteiligung nachgewiesen werden könne, so der Behördenleiter. Demjanjuk war 2011 in München wegen Beihilfe zum Mord in 20.000 Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

Wiesenthal-Zentrum erfreut

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Israel begrüßte die Verhaftung. Der Leiter der Einrichtung, Efraim Zuroff, sprach von einem positiven ersten Schritt. Man hoffe, "dass es noch eine ganze Reihe weiterer erfolgreicher juristischer Schritte der deutschen Behörden gegen KZ-Personal und Mitglieder der Einsatzrtruppen geben wird", sagte Zuroff.

Die rund 1000 Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten dienten zwischen 1933 und 1945 der Unterdrückung und Ermordung von Millionen von Menschen, darunter Juden, Sinti und Roma sowie politischer Gegner und Behinderte. Schätzungen zufolge starben etwa zwei Drittel der sechs Millionen Juden, die dem Holocaust zum Opfer fielen in solchen Lagern, entweder durch Mord oder durch systematisches Aushungern, Misshandlungen und Zwangsarbeit oder an unbehandelten Krankheiten.

gmf/wl (afp,dpa,rtr)