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Lob für Al-Sisi - Kritik an Gabriel

Jens Thurau, Kairo 18. April 2016

Während Tausende Ägypter gegen ihren Präsidenten demonstrieren, nennt Gabriel ihn einen "beeindruckenden Präsidenten" und erntet Kritik. Denn Abdel Fattah al-Sisi schert sich wenig um Menschenrechte. Jens Thurau, Kairo.

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Ägypten Sigmar Gabriel & Abdel Fattah al-Sisi
Bild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Noch einmal eine Pressekonferenz, am Montagmorgen im noblen "Four Seasons Hotel" direkt am Nil: Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat dort bereits ein Treffen mit Ägyptens Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi hinter sich, hat mit Vertretern der Zivilgesellschaft gesprochen und die Pyramiden besucht. Und er hat die Lage der Menschenrechte im Land am Nil offen kritisiert, jetzt fragen die ägyptischen Journalisten nach. Ob er wisse, wie prekär die Sicherheitslage ist, wie groß die Angst vor weiteren Terrorattacken sei, fragen sie. Gabriel lässt hier keinen Zweifel aufkommen: "Ich höre immer, dass die Sicherheitslage hier der Grund ist, dass die Menschenrechte nicht beachtet werden. Das ist für uns nicht befriedigend. Diese Diskussion wird weitergehen."

Zuerst Lob für Al-Sisi

Das war noch einmal wichtig, denn am Sonntag hatte der deutsche Vizekanzler den zumeist staatlich kontrollierten Medien in Kairo ein unerwartetes Geschenk gemacht. "Ich finde, Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten", rief der SPD-Chef den Ägyptern nach seiner Visite im Präsidentenpalast zu. Er erntete heftige Kritik für diese Äußerung. "Ich weiß nicht, was Herrn Gabriel beeindruckt hat, ist es die Folter, ist es die Unterdrückung?", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir am Montag im ARD-Morgenmagazin. Die Bundesregierung habe ein Problem mit dem Umgang mit autoritären Herrschern, sagte Özdemir.

Später erläuterte er diesen Satz auch gegenüber den deutschen Medienvertretern. Anders als etwa chinesische Führer höre Al-Sisi wenigstens zu, wenn westliche Vertreter die Verhaftung zehntausender Oppositioneller allein in den vergangenen zwei Jahren zur Sprache brächten. In der Sache bleibe der Präsident knallhart: "Aber wir können uns unsere Gesprächspartner hier ja nicht aussuchen."

Sigmar Gabriel zu Besuch in Ägypten (Foto: DPA)
"Können uns unsere Gesprächspartner hier ja nicht aussuchen": Sigmar Gabriel, Wirtschaftminister mit Menschenrechts-MissionBild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Das gilt auch für die 100 Wirtschaftsvertreter, die Gabriel begleiten. Mühsam ist das Geschäft am Nil, die Korruption ist hoch, die Bürokratie zeitraubend - vor allem, wenn das Militär als Geschäftspartner auftritt, was meistens der Fall ist. Ein deutscher Hersteller von Betonzusatzmitteln klagt: Seit den heftigen Terrorangriffen - wie dem Abschuss einer russischen Urlaubermaschine im vergangenen Jahr - würden seine Produkte oft monatelang kontrolliert, bevor sie in Ägypten überhaupt zum Einsatz kämen. Auch Rechtsfragen gestalteten sich schwierig. Oft würden lange gar keine Verträge angeboten, stattdessen würden die ausländischen Unternehmer lange mit vollmundigen Versprechungen hingehalten.

Neue Wirtschaftsvereinbarungen mit Ägypten

An das Militär liefert Deutschland demnächst vier U-Boote - anderes schweres Kriegsgerät wird nicht genehmigt, versichert Gabriel derweil: "Wir haben unsere Rüstungsexporte in Spannungsgebiete stark eingeschränkt, dabei wird es auch bleiben. Aber wenn Ägypten sich an der Grenze zu Libyen etwa um seine Sicherheit sorgt, sind wir bereit, zu helfen - zum Beispiel mit Zäunen und Kameras."

Eine Wirtschaftsdelegation begleitet Sigmar Gabriel nach Ägypten (Foto: DPA)
Eine Wirtschaftsdelegation begleitet Sigmar GabrielBild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Sechs neue Wirtschaftsvereinbarungen sind am Rande des zweitägigen Besuchs getroffen worden, immerhin. Gabriel ermutigt die Ägypter, die Kontakte mit den Deutschen weiter auszubauen. 20.000 Jobs hätten deutsche Firmen bereits in Ägypten geschaffen.

Am Montag dann der Abflug zur zweiten Station der Reise - nach Marokko. Die deutsche Delegation wird auch mit der ernsten Lage in der Region konfrontiert. Die Regierungsmaschine kann den "Failed State" Libyen nicht überfliegen und muss einen großen Bogen über das Mittelmeer machen. Der Terrorismus ist allgegenwärtig.