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Kritik an Rio-Abschlusserklärung

Jens Thurau20. Juni 2012

Eine Bankrotterklärung, ohne jede Vision: Die Reaktionen auf das Abschlussdokument des UN-Umweltgipfels von Rio sind durchweg negativ. Allenfalls ein paar Einzelinitiativen geben Anlass zur Hoffnung.

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UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon schüttelt der Gastgeberin des UN-Umweltgipfels, der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff, die Hand (Foto: REUTERS/Sergio Moraes)
UN Umweltgipfel in Rio de JaneiroBild: REUTERS

Barbara Unmüßig ist jetzt eigentlich keine schlechte Gesprächspartnerin. Die Umwelt- und Entwicklungsexpertin der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung war schon vor 20 Jahren dabei, auf dem ersten Gipfel der Vereinten Nationen zum Thema Nachhaltigkeit, ebenfalls in Rio. Damals war die Euphorie riesig, erinnert sich die Aktivistin: „Der Ost-West-Konflikt lag hinter uns, die Staaten wachten auf und erkannten, wie drängend die Umweltprobleme sind; es schien, als könne es gelingen, die Probleme beim Klimaschutz, beim Erhalt der Ozonschicht zu lösen, wenn nur ein politischer Wille entsteht.“

So war das damals. Und heute? 20 Jahre später sind die Umweltprobleme eher größer geworden, aber der Nachhaltigkeitsgipfel 2012 in der Stadt unter dem Zuckerhut wird - soviel steht schon fest - mit einer unverbindlichen Erklärung zum Umwelt- und Naturschutz zu Ende gehen, ohne konkrete Ziele oder feste Zeiträume.

"Niemand ist mit der Vereinbarung glücklich"

So ist es selbst für gestandene Politiker schwer, etwas schön zu reden. „Niemand ist mit der Vereinbarung glücklich“, gibt EU-Umweltkommissarin Connie Hedegaard zu. Der deutsche Umweltminister Peter Altmaier, Leiter der deutschen Delegation in Rio, sagt lapidar, immerhin sei ein Scheitern des Gipfels verhindert worden. Womit er eingesteht, dass sogar das denkbar war.

Böse Gerüchte machen im Konferenz-Zentrum in Rio die Runde. Erst vor ein paar Tagen haben große Schwellenländer wie Gastgeber Brasilien oder Mexiko auf dem G20-Gipfel in Mexiko zugesagt, viele Milliarden in den Krisenfonds des Internationalen Währungsfonds (IWF) einzuzahlen, um der Schuldenkrise etwa in der EU beizukommen. Dafür seien sie nun in Rio de Janeiro, so die Behauptung, vor zu harten Umweltauflagen verschont worden.

EU-Umweltkommissarin Connie Hedegaard (Foto: Irene Quaile)
Unzufrieden mit dem Gipfel-Ergebnis: EU-Umweltkommissarin Connie HedegaardBild: DW

Ob das stimmt, ist schwer nachzuprüfen. Aber vor allem die zahlreichen Umweltaktivisten sind sich einig: So geht es nicht weiter mit dem globalen Umweltschutz. In den USA ist keine Mehrheit zu bekommen für die Teilnahme an multilateralen Verträgen zum Klimaschutz oder zum Schutz der Meere - und das seit Jahren. Hinter dieser Tatenlosigkeit verstecken sich viele wichtige Länder, etwa China und Indien, die nur aktiv werden wollen, wenn sich Washington bewegt. Und dazwischen steht das alte Europa - bereit zum Umweltschutz, aber geschwächt durch die hausgemachte Schuldenkrise.

Immerhin: Umweltkonzepte für Mega-Citys

Lediglich einige freiwillige Initiativen bringen Licht ins Dunkel. Acht große Entwicklungsbanken, etwa die Weltbank und die Europäische Entwicklungsbank, verkünden auf der Rio-Konferenz: Sie wollen in den nächsten zehn Jahren 175 Milliarden Dollar aufbringen, um in den Mega-Citys des Südens umweltgerechte Verkehrssysteme zu fördern. Gerade dort steigen die Emissionen rapide, insgesamt 40 Prozent weltweit, seit 20 Jahren - also seit dem Jahr, als in Rio nichts weniger als die Weltrettung beschlossen wurde. Die lässt immer noch auf sich warten, trotz aller verzweifelter Warnungen der Wissenschaft.

Straßen mit dichtem Verkehr in Jakarta. (AP Photo/Center for Architecture, Edy Susanto)
Acht Entwicklungsbanken wollen umweltgerechte Verkehrssysteme für Mega-Citys fördernBild: AP

Zurück zur dürftigen Abschlusserklärung. Barbara Unmüßig beklagt vor allem das Fehlen des politischen Willens: „Das Papier ist ohne jede Vision, ohne jede klare Politikformulierung, die man sich für die Zukunft wünschen würde. Es werden keine Weichen gestellt für die Zukunft, die großen ökologischen Themen werden erst gar nicht angegangen.“