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Kräftige Worte, leere Drohungen?

Andreas Becker5. März 2014

Die Auseindersetzung zwischen Russland und den USA könnte auch den Finanzsektor erfassen. Die USA denken über Sanktionen nach, ein Berater Putins drohte mit dem Zusammenbruch des US-Finanzsystems.

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Symbolbild Währungen Währungskrieg
Bild: imago/Birgit Koch

Laut US-Außenministerium prüfen die USA derzeit eine "weite Bandbreite" von Maßnahmen, um Russland für seine bewaffnete Intervention in der Ukraine zu bestrafen. Dazu gehören das Einfrieren russischer Auslandsvermögen, Handelssanktionen und den Ausschluss russischer Banken vom US-Markt.

Nach Gesetzen, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erlassen wurden, kann das US-Finanzministerium Institute mit Sanktionen belegen, wenn diese an der Finanzierung terroristischer Aktivitäten oder an Geldwäsche beteiligt sind.

Diesen Nachweis zu führen werde Zeit brauchen, aber seine Wirkung nicht verfehlen, sagte Juan Zarate, einst Vize-Sicherheitsberater des früheren US-Präsidenten George W. Bush und heute für die Denkfabrik "Center for Strategic and International Studies" in Washington D.C. tätig. "Das würde russische Banken schwer treffen."

Europäer zögern

Allerdings warnte der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat vor einem US-Alleingang. "Alles, was wir tun, sollte in Abstimmung mit unseren Verbündeten geschehen", sagte Harry Reid.

Doch die Europäer, von denen viele von russischen Energielieferungen abhängig sind, zögern. Am Donnerstag (06.03.2014) wollen Vertreter der Europäischen Union in Brüssel über weitere Schritte beraten. Dass es dabei zu weitreichenden Sanktionen kommt, gilt als unwahrscheinlich. Nach EU-Regeln können die 28 Mitgliedsstaaten Sanktionen nur einstimmig beschließen.

Immerhin konnten sich die Europäer doch noch auf ein Hilfspaket von mehreren Milliarden Euro für die vom Bankrott bedrohte Ukraine einigen.

"Zusammenbruch des US-Finanzsystems"

Die Reaktion aus Russland auf mögliche Sanktionen der USA fiel scharf aus. "Wir würden nicht nur einen Weg finden, unsere wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA auf null zu reduzieren, sondern für uns einen großen Vorteil daraus ziehen", sagte der wirtschaftliche Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin, Sergej Glasjew. Die US-Saktionen würden zu einem "Zusammenbruch des Finanzsystems der USA" führen, warnte Glasjew. Russland erwäge demnach, künftig auf den US-Dollar zu verzichten und internationale Transaktionen in anderen Währungen abzuwickeln. Zudem könnten russische Banken und Unternehmen möglicherweise gezwungen sein, bei US-Banken aufgenommene Kredite nicht zurückzuzahlen, so der Kreml-Berater am Dienstag.

Putin-Berater Sergej Glasjew
Putin-Berater Sergej GlasjewBild: picture-alliance/dpa

Einen Tag nach Glasjews scharfen Tönen gab die russische Zentralbank bekannt, sie habe Devisen im Wert von umgerechnet mehr als elf Milliarden US-Dollar verkauft - so viel wie noch nie auf einen Schlag. Ziel der Verkäufe war es, den Kurs des Rubel zu stützen, der am Montag (03.04.2014) stark unter Druck geraten war. Welche Währungen verkauft wurden, verschwieg die Zentralbank.

Nach Angaben des Finanzministeriums verfügt Russland im Moment über umgerechnet knapp 500 Milliarden Dollar Devisenreserven. Es ist nicht bekannt, wie groß der Anteil an US-Dollar ist. Die russischen Währungsreserven speisen sich vor allem durch die Einnahmen aus Öl- und Gasexporten. Sie bestehen nicht nur aus Devisen, sondern auch aus Gold, Wertpapieren und sogenannten Sonderziehungsrechten, einer vom Internationalen Währungsfonds (IWF) eingeführten Währungseinheit.

Leere Drohungen?

Im Vergleich zu China nehmen sich die russischen Reserven allerdings bescheiden aus. China besitzt Währungsreserven im Wert von fast 4000 Milliarden US-Dollar, also rund achtmal so viel wie Russland.

Es ist daher unwahrscheinlich, dass Russland durch den Verkauf von Dollar den USA schaden könnte, glaubt Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). "Die Devisenreserven Russlands sind dafür einfach nicht groß genug." Das russische Gewicht in der Weltwirtschaft sei einfach zu gering - im Unterschied zu China und Japan.

Auch ein Verkauf von US-Staatsanleihen könne die USA kaum gefährden. "Der größte Gläubiger der USA ist ihre eigene Notenbank Fed, gefolgt von China und Japan", sagt Analyst Berhard Esser von der Bank HSBC Trinkaus. Cina besaß Ende 2013 US-Staatsanleihen im Wert von 1270 Milliarden Dollar, Japan von 1180 Milliarden Dollar. "Russland spielt hier nur im Mittelfeld", sagt Esser. Selbst das kleine Belgien halte mehr US-Papiere als Russland.

Investoren nicht verschrecken

Der letzte Teil von Glasjews Drohung, Kredite bei US-Banken nicht mehr zu bedienen, hält Esser für wenig glaubhaft. "Russlands Wachstumsmodell ist durch die Abkühlung der Weltwirtschaft und sinkende Rohstoffpreise an seine Grenzen gestoßen", so der Analyst. "Das Land muss sich modernisieren, um die Abhängigkeit von Rohstoffen zu senken - dafür wiederum sind ausländische Investitionen notwendig. Die aber würden abgeschreckt, sollte Russland Verträge brechen und seine Schulden nicht mehr bedienen.

Ist also nichts dran an der Drohung des Putin-Beraters? Die russische Nachrichtenagentur Novosti bat den Kreml um einen Kommentar. Dort ruderte eine "hochrangige", aber nicht namentlich genannte Quelle zurück. Bei der Äußerungen handele es sich um Glasjews persönliche Meinung, die nicht dem Standpunkt des Kreml entspreche. Der Ökonom Glasjew habe nicht als Berater Putins gesprochen, sondern wohl seine Sicht als Mitglied der Akademie der Wissenschaften dargelegt, hieß es weiter.