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Kosovo-Präsident Rugova stirbt an Lungenkrebs

Fadil Gashi (stl)21. Januar 2006

Der Präsident des Kosovos, Ibrahim Rugova, ist am Samstag gestorben. Der Beginn der Verhandlungen über den künftigen Status der serbischen Provinz wird verschoben.

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Ibrahim Rugova: Mit 61 Jahren gestorbenBild: dpa

Rugova litt an Lungenkrebs, der im vergangenen September diagnostiziert wurde. Er wurde 61 Jahre alt. Der Politiker sollte an den Verhandlungen über den endgültigen Status der Provinz teilnehmen, die in der kommenden Woche unter Vermittlung der Vereinten Nationen (UN) in Wien beginnen sollen. Die Gespräche beider Seiten werden nun erst Anfang Februar stattfinden, sagte eine Sprecherin des Kosovo-Sondergesandten der UNO, Martti Ahtisaari, am Samstag. Einen genauen Termin gebe es noch nicht. Parlamentspräsident Nexhat Daci übernahm vorübergehend das Amt des Präsidenten.

"Der Gandhi von Pristina"

Rugova hatte sich während seiner Amtszeit stets für eine friedliche Lösung des Kosovo-Konflikts und die Unabhängigkeit der Provinz von Serbien-Montenegro eingesetzt. Er hatte sich dafür friedliebende Vorbilder gesucht, wie Mahatma Gandhi, Martin Luther King und Mutter Teresa.

Ibrahim Rugova, der erste Präsident des freien und demokratischen Kosovo, kam am 2. Dezember 1944 in Cerce im westlichen Kosovo zur Welt. Einige Wochen später, am 10. Januar 1945, wurden sein Vater und sein Großvater von serbischen Kommunisten entführt und exekutiert, als Nationalisten und angebliche Nazi-Kollaborateure. Das Land der Familie Rugova wurde konfisziert. Ibrahim Rugova studierte albanische Literatur in Prishtina, wo er dann als Literaturkritiker tätig war. 1988 wurde er Präsident des Schriftstellerverbandes vom Kosovo.

Markenzeichen Seidenschal

Als Reaktion auf die Aufhebung der Kosovo-Autonomie durch Slobodan Milosevic wird im Dezember 1989 die Demokratische Liga des Kosovo (LDK) gegründet. Rugova, der Mann mit dem Seidenschal, wurde Vorsitzender der ersten politischen Partei der Kosovo-Albaner. Nach dem Zerfall Jugoslawiens 1991 setzte sich Rugova an die Spitze der Bewegung für die Unabhängigkeit Kosovos. Zweimal wird er zum Präsidenten gewählt: 1992 und 1998. Unablässig fordert er die Unabhängigkeit für sein Land. "Ich bestehe auf einer direkten Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo seitens der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten und der NATO. Wir wollen ein demokratisches, friedliches Kosovo und die Integration in die EU und die transatlantischen Strukturen", sagte er immer wieder.

Im März 1999, nach den Massakern der serbischen Armee und der Polizei an der albanischen Bevölkerung, entschließt sich die NATO zu einem Angriff auf Serbien. Ibrahim Rugova wird von der serbischen Polizei interniert. Anfang Mai 1999 darf er nach Italien ausreisen. Er kehrt im Juli zurück - der Krieg ist zu Ende und im Kosovo sind die ersten KFOR-Friedenstruppen stationiert. Da alle wichtigen Positionen im Staat den Serben vorbehalten waren, bauten die Albaner unter Rugovas Führung ein Parallelsystem in Verwaltung und Bildung auf. Dies war wohl die größte Herausforderung für das Regime Slobodan Milosevics.

Kritiker: "Bockig und Defensiv"

Von seinen Gegnern wurde Rugova oft als umstrittener Anführer der Kosovo-Albaner bezeichnet. Seine engsten Mitarbeiter warfen ihm vor, die politischen Diskussionen seien mit ihm ohnehin nie möglich gewesen. Es waren nicht die ersten Klagen seiner engsten politischen Freunde über Präsidenten. "Rugova war ein defensiver Mensch und trug bockig seine Grundsätze. Zu jeder politischen Initiative musste er immerhin mühsam geschoben werden", sagen sie. Viele von seinen engsten Mitarbeitern waren unzufrieden mit Rugovas politischem Verhalten, haben LDK verlassen und neue Parteien gegründet.

Bei den ersten demokratischen Parlamentswahlen im Kosovo 2002 errang Rugovas LDK die Mehrheit der Stimmen und im März 2002 wurde Rugova zum provisorischen Präsidenten gewählt. Auch bei den Wahlen 2004 wurde die Demokratische Liga die stärkste Partei. Mit Hilfe des Koalitionspartners - der Allianz für die Zukunft - wurde Rugova 2005 in seinem Amt als Präsident Kosovos bestätigt.

Reaktionen: Merkel bestürzt

Die NATO und die Europäische Union haben Rugova, für seinen politischen Einsatz gewürdigt. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer erklärte in Brüssel, Rugova sei einem demokratischen und multi-ethnischen Kosovo verpflichtet gewesen. Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nannte Rugova einen großen Anwalt für das Kosovo.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich bestürzt über den Tod des Präsidenten des Kosovos, Ibrahim Rugova, geäußert. Rugova habe auch in schwierigster Zeit stets seine Ziele mit friedlichen Mitteln verfolgt, erklärte Merkel am Samstag in Berlin. Unter seiner Führung habe der Kosovo substanzielle Fortschritte auf dem Weg zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft gemacht. "Ibrahim Rugovas Bekenntnis zu Gewaltfreiheit und Demokratie ist Auftrag und Vermächtnis für all jene, die im Kosovo politische Verantwortung tragen", betonte Merkel. "Dies gilt vor allem für die laufenden Gespräche über den künftigen Status des Kosovo." Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier übermittelte den Menschen im Kosovo seine Anteilnahme.