Inmitten stark steigender Corona-Infektionen haben die Litauer ein neues Parlament bestimmt. Wie in der ersten Wahlrunde setzte sich auch in der zweiten die konservative Oppositionspartei Vaterlandsunion durch.
Die Vaterlandsunion erhält nach der zweiten Abstimmung voraussichtlich 50 der 141 zu vergebenden Sitze im Parlament in Vilnius. Das teilte die Wahlkommission am Sonntagabend nach Auszählung fast aller Wahlbezirke mit. Die Vaterlandsunion gehört wie die deutschen Christdemokraten zur EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Zweitstärkste Kraft in dem baltischen EU-Land wird mit 32 Sitzen der regierende Bund der Bauern und Grünen von Ministerpräsident Saulius Skvernelis.
Dahinter folgen die Sozialdemokraten (13 Sitze) und die Liberale Bewegung (ebenfalls 13 Sitze) und die neugegründeten Freiheitspartei (11 Sitze), die ebenfalls zum liberalen Lager zählt. Die populistische Arbeitspartei kommt auf 10 Sitze und zwei der bisherigen drei Koalitionspartner des Bundes der Bauern und Grünen auf jeweils 3 Sitze.
Schon nach dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen galt ein Erfolg der Konservativen als wahrscheinlich. Damals wurden 70 Sitze nach dem Verhältniswahlrecht und drei Direktmandate vergeben, die übrigen 68 Mandate wurden nun am Sonntag in Stichwahlen entschieden. Es wird erwartet, dass die konservative Ex-Finanzministerin Ingrida Simonyte mit der Unterstützung zweier liberaler Parteien nun eine Regierung bildet.
Die zentralen Themen des Wahlkampfs in dem Baltenstaat mit seinen 2,8 Millionen Einwohnern waren der Umgang mit der Corona-Pandemie und die Überwindung der dadurch verursachten wirtschaftlichen Probleme.
Knapp 2,5 Millionen Wähler waren zur Abstimmung aufgerufen. Nach Angaben der Wahlkommission in Vilnius gaben 39,7 Prozent davon ihre Stimme ab - rund zwei Prozent mehr als bei der vorherigen Wahl 2016. Staatspräsident Gitanas Nauseda würdigte die Wahlbeteiligung bei der zweiten Runde der Abstimmung in dem baltischen NATO-Mitgliedsland. Trotz der Corona-Pandemie seien bei der "wahrscheinlich schwierigsten Parlamentswahl in der Geschichte des wieder unabhängigen Litauens" mehr Bürger zur Abstimmung gegangen als noch vor vier Jahren. "Dies zeigt deutlich, dass besondere Umstände uns alle noch mehr vereinen", schrieb Nauseda nach Schließung der Wahllokale auf Facebook.
Bei der Abstimmung in dem Ostseestaat galten strenge Corona-Schutzmaßnahmen. So mussten die Wähler Mund und Nase bedecken und sollten ihre eigenen Stifte mitbringen, um die Stimmzettel auszufüllen.
Am Tag der zweiten Wahlrunde erreichte die Zahl der Corona-Neuinfektionen erneut einen Höchststand. Es wurden 603 positive Tests innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie die nationale Gesundheitsbehörde in Vilnius mitteilte. Dies ist der höchste Anstieg binnen eines Tages seit Beginn der Pandemie. Der bisherige Höchstwert lag bei 424 und wurde am Freitag registriert. Litauen mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern verzeichnete insgesamt bislang 10.184 bestätigte Infektionen und 134 Todesfälle in Verbindung mit dem Coronavirus.
kle/ack (afp, dpa)