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Konservative Antworten

Kay-Alexander Scholz10. Dezember 2014

Gestritten wurde auf dem CDU-Parteitag nicht, nicht über die AfD, nicht über Steuern. Dafür wurde das Verhältnis zum Internet geklärt. Die Antworten auf viele Fragen zu diesem modernen Thema fallen konservativ aus.

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CDU-Generalsekretär Peter Tauber (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/W. Rattay

Angela Merkels großes Projekt als Vorsitzende der Christdemokratischen Partei ist die Modernisierung der CDU. Eine Frau als Kanzlerin war der erste Meilenstein dafür. Dabei blieb es nicht. Ein Rundblick durch den Parteitagssaal in Köln zeigte: Frauen auf allen Partei-Ebenen sind inzwischen völlig normal. Vor zehn Jahren war das noch ganz anders. Und die Entwicklung geht weiter. Nur betrifft es nicht mehr nur die formale Frage einer Frauenquote. Es geht vielmehr um eine insgesamt moderne, optimistische Politik - die Worte "Zukunft" und "Chancen" waren in Köln sehr häufig zu hören. Dafür sollen auch die Köpfe in den vorderen Reihen stehen.

Generalsekretär Peter Tauber, der Berufsnerd der CDU, schlug in Köln einen Online-Kreisverband und Antragsabstimmung im Internet vor. Der erst 34-jährige Jens Spahn rückte ins Parteipräsidium vor, ein kantiger Typ, der unbefangen von seinem Lebenspartner spricht und nicht so glatt wirkt wie andere Parteikarrieristen in der CDU.

Die 42-jährige Julia Klöckner, der gar nicht mehr so geheime Star der CDU, strahlte durch den Parteitag. Sie ist gutaussehend, klug, intellektuell, streit- und machtbewusst. Die Partei steht hinter diesem neuen Gesicht der CDU, das zeigte das Wahlergebnis von 96 Prozent bei der Wahl zur stellvertretenden Parteivorsitzenden.

AfD nur ein Randthema

Es hatte vor dem Parteitag Aufregung um die sich rechtspopulistisch gebende neue "Alternative für Deutschland" (AfD) gegeben. Doch diesem Druck von rechts will sich die Parteiführung nicht wirklich stellen. Merkel nahm das Wort "AfD" nicht in den Mund, sie überließ dies anderen und wertete das Thema damit nicht auf. Die AfD sei eine Partei der Weltverschwörer und Angstmacher, die das Land schlecht machten und keine Antwort auf die Fragen der Zukunft böten, sagte Generalsekretär Tauber.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, Volker Kauder, wiederholte den Beschluss der Parteiführung, mit der AfD nicht zusammenarbeiten zu wollen. Mike Mohring, dem in Thüringen ernsthafte Gespräche mit der AfD im Landesparlament nachgesagt werden, wurde - als Strafe? - nicht mehr ins Parteipräsidium gewählt. Viele Delegierte wollten erst einmal abwarten, war zu hören, weil doch noch gar nicht klar sei, ob sich die AfD auf Dauer etabliere. Nur am Rande äußerte sich ein Delegierter indirekt zu diesem Punkt und bemängelte, dass einige Konservative keine Heimat mehr in der CDU hätten.

Ein Streit über das Verhältnis zur neuen Konkurrenz von rechts blieb in Köln also aus. Dafür sorgte auch Angela Merkels Parteitagsrede. Sie erinnerte an den alten, "natürlichen" Koalitionspartner FDP und warb für eine Koalition mit den Grünen - die CDU braucht also keinen neuen Koalitionspartner wie die AfD, um eine Regierungsmehrheit zu bekommen. In Richtung schwarz-grün ging auch Julia Klöckner, die aus einem der neuen Diskussionsforen zur Nachhaltigkeit berichtete. Sie sprach von einem "nachhaltigen Lebensstil", von "regionaler Landwirtschaft" und "Ressourcen-Schonung ohne Verbote". Nachdem die CDU den Grünen schon das Thema Energiewende weggenommen hat, deutet sich das nun auch bei der von den Grünen ausgerufenen Agrarwende an.

CDU-Politikerin Julia Klöckner winkt lächelnd (Foto: Reuters)
Julia Klöckner: CDU-Darling mit BissBild: Reuters/W. Rattay

"Land der digitalen Chancen"

Auch der Streit um die wirtschaftspolitische Ausrichtung blieb aus. Das emotional aufgeladene Thema "kalte Progression" wurde am Vorabend des Parteitags durch einen Formelkompromiss geschlichtet. Diese Mini-Steuersenkung findet nur statt, wenn dadurch keine Schulden gemacht oder neue Steuern beschlossen werden. Einigkeit demonstrierend wurde dann auch der Leitantrag "Weichen stellen für ein innovatives und wettbewerbsfähiges Deutschland" mit nur vier Gegenstimmen und zwei Enthaltungen angenommen. Der Antrag ist das lang vermisste Bekenntnis der CDU zur digitalen Revolution - und mehr sogar. Eigentlich dreht sich Wirtschaftspolitik nur noch um den digitalen Wandel.

"Land der digitalen Chancen" steht im Antrag. Netzneutralität, Industrie 4.0, WLAN, Big Data, Startups - alle wohl wichtigen Begriffe tauchen darin auf. "Wir sind die einzige Partei in Deutschland, die nicht die Risiken des Internets in den Vordergrund stellt, sondern die Chancen", sagte Jens Spahn. Und es müsse eine Balance zwischen Datenschutz und neuen Geschäftsfeldern gefunden werden. Aufgabe der Politik sei es, Unternehmensgründern keine Steine in den Weg zu legen und bestehende Hindernisse aus dem Weg zu räumen, sagte Peter Tauber. Die Industrie müsse mit den digitalen Technologien verschmelzen, zum Beispiel in der Automobil-Branche und im Maschinenbau. Die CDU stellt also weiterhin die Wirtschaftsförderung ganz nach vorn und bleibt damit ihrem Profil treu.

CDU-Politiker Jens Spahn spricht engagiert (Foto: Reuters)
Jens Spahn, der neue Mann für die JugendBild: Reuters/K. Pfaffenbach

Modern und gleichzeitig konservativ

Auch im zweiten Leitantrag "Mit einem starken Staat für Freiheit und Sicherheit" steht viel über das Internet. Darin findet sich auch die deutsche Antwort auf die NSA-Affäre. International und im Dialog mit Washington hatte die Merkel-Regierung nicht viel erreicht. Der Staat dürfe nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte im Internet als außerhalb haben, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Verbrechen wie Identitätsdiebstahl, Kinderpornografie, Finanzmanipulation oder Vorbereitungen zum Terrorismus müssten hart bekämpft werden. Er sprach sich deshalb für eine "maßvolle Regelung für die Vorratsdatenspeicherung", eine Stärkung der Polizei und eine internationale Zusammenarbeit der Nachrichtendienste auch mit den USA aus.

Grundsätzliche Kritik an dieser Haltung wurde nicht laut - auch nicht vom Vorsitzenden des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg, der durch sein Amt die wohl größte Nähe zum Thema hat. Ein starker Staat im Internet, hier unterstreicht die CDU ihr konservatives Herz, eingepackt in ein hochmodernes Thema.