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Kriminalität

Kongsberg-Attentat: Zweifel am islamistischen Motiv

16. Oktober 2021

Nach der Gewalttat mit fünf Toten im Südosten Norwegens mehren sich die Hinweise auf eine psychische Erkrankung des Tatverdächtigen. Gleichzeitig wächst die Kritik an den Sicherheitsbehörden.

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Nach Gewalttat in Norwegen
Techniker der Polizei untersuchen die Wohnung von Espen Andersen B.Bild: Terje Bendiksby/NTB via AP/picture alliance

Drei Tage nach dem Attentat von Kongsberg haben die norwegischen Ermittler zunehmend Zweifel an einem islamistischen Hintergrund. Es gebe Hinweise, dass der Verdächtige nicht wirklich zum Islam konvertiert sei, sagte Polizeiinspektor Per Thomas Omholt bei einer Pressekonferenz am Samstag. Neuere Erkenntnisse ließen den selbsterklärten Übertritt des Verdächtigen Espen Andersen B. immer "weniger glaubwürdig" erscheinen. Der 37-jährige Däne habe sich "nicht an die in dieser Kultur und Religion üblichen Traditionen" gehalten. Stattdessen erhärte sich der Verdacht auf eine psychische Erkrankung.

B. hatte zugegeben, am Mittwoch in Kongsberg fünf Menschen getötet und drei weitere verletzt zu haben. Dabei schoss er unter anderem mit Pfeil und Bogen um sich. "Alles deutet darauf hin, dass er seine Opfer willkürlich auswählte" und allein handelte, erklärte Omholt. Der Mann habe "ein paar Tage" vorher über seinen Anschlag nachgedacht. Der Anwalt des mutmaßlichen Täters sagte dem norwegischen Sender TV2, er stimme den vorläufigen Ermittlungsergebnissen der Polizei zu.

Im Blickpunkt der Ermittler

Wie sich herausstellte, hatte B. schon seit Jahren im Fokus der Behörden gestanden. Im Jahr 2017 veröffentlichte er ein Video, in dem er sich als Muslim und Bote bezeichnete und eine Aktion ankündigte. Er soll zudem über mehrere Jahre hinweg immer wieder Kontakt zum Gesundheitsdienst gehabt haben. Details zur psychischen Gesundheit wollen die Ermittler bislang aber nicht bekanntgeben, um Zeugenaussagen nicht zu beeinflussen.

Nach Gewalttat in Norwegen Polizist Per Thomas Omholt
Polizeiinspektor Per Thomas Omholt gab neue Details der Ermittlungen bekanntBild: Terje Bendiksby/NTB via AP/picture alliance

Der Fall wirft aber die Frage auf, warum B. von den Behörden nicht stärker ins Visier genommen wurde. Bereits 2015 soll der Sicherheitsdienst der Polizei (PST) Hinweise darauf erhalten haben, dass der Mann gefährlich sein könnte. Auch das Video von 2017 war dem PST bekannt. Ein Sprecher sagte dazu, der Clip sei nicht als ernsthafte Drohung angesehen worden, weil es sich bei dem Inhalt um unspezifische Bedrohungen gehandelt habe.

Ein Gericht hat am Freitag für den Dänen vier Wochen Untersuchungshaft angeordnet. Die ersten zwei Wochen muss er isoliert verbringen. Außerdem verhängte das Gericht ein Besuchs-, Medien- und Briefverbot. Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei er noch nicht vernehmungsfähig. Die Polizei hat unterdessen die Identität der fünf Toten bekanntgegeben: Demnach handelte es sich um vier Frauen im Alter von 52, 56, 75 und 78 Jahren sowie einen 75-jährigen Mann. Nach Angaben des Auswärtigen Amts befindet sich unter den Toten auch eine deutsche Staatsbürgerin, die seit längerem in Norwegen lebte.

djo/uh (afp, dpa)