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Kommt jetzt der Aufschwung?

Michael Knigge24. September 2002

Die wirtschaftlichen Aussichten für die neue Bundesregierung werden von führenden Wirtschaftsforschern unterschiedlich beurteilt. Einig sind sie sich, dass der keinen großen Einfluss auf die Konjunktur haben wird.

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Bild: AP

"Einen Einfluss auf den Wachstumspfad haben nur Reformen", sagte Wolfgang Franz, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) in einem Interview. "Wir appellieren jetzt an die Bundesregierung, dass sie die zwei bereits auf den Weg gebrachten großen Reformpakete, die Rentenreform und die Steuerreform, weiter fortführt und die zwei weiteren großen Reformprojekte, Gesundheitsreform und Arbeitsmarktreform, rasch angeht."

Düstere Aussichten

Dagegen steht die im Amt bestätigte Bundesregierung nach Auffassung von Paul Klemmer, Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), vor wirtschaftlich kaum lösbaren Aufgaben. "Die CDU und die CSU können sich beglückwünschen, dass sie nicht an die Regierung gekommen sind", sagte Klemmer. Keine Partei verfüge über Rezepte, wie die Wirtschaftssituation schnell verbessert werden könne. "Es müsste ein Wunder geschehen, wenn es der Regierung gelingen sollte, kurzfristig mehr Arbeitsplätze zu schaffen", betonte Klemmer. "Das ist ein sehr düsteres Bild, aber man muss das ganz realistisch schildern."

Optimistischer blickt sein Kollege Franz in die Zukunft. Er setzt vor allem auf einen strikten Reformkurs der rot-grünen Regierung. Trotz mancher Kritik an Details sei die vorgelegte Renten- und Steuerreform grundsätzlich positiv zu werten, sagte Franz. Doch nun müsse nachgelegt werden. "Das Gesundheitssystem muss grundlegend umstrukturiert werden", fordert der ZEW-Chef.

Dagegen übt RWI-Präsident Klemmer deutliche Kritik an den Reformen der Regierung, besonders an den Vorschlägen der Hartz-Kommission. "Bei allem Respekt vor der Hartz-Kommission, aber die meisten ihrer Vorschläge betreffen die Arbeitsvermittlung und das hilft nichts, wenn keine Arbeitsplätze vorhanden sind und immer mehr Jobs wegbrechen." Dazu komme noch, dass die Bundesregierung über keinen finanziellen Spielraum verfüge, um Konjunktur belebende Maßnahmen einzuleiten. Außerdem belasteten die ungewisse Entwicklung der Ölpreise sowie die negative Wirtschaftsentwicklung in den USA. "Wer ist gegenwärtig bereit, bei diesen Aussichten zu investieren?", sagte Klemmer.

Kein Abweichen vom EU-Stabilitätspakt

Übereinstimmend fordern Klemmer und Franz die Einhaltung des EU-Stabilitätspakts. "Am Stabilitätspakt darf nicht gerüttelt werden", sagte Franz. Statt der Aufnahme neuer Schulden forderte der Wirtschaftsforscher von der Bundesregierung, sie müsse "Umschichtungen im Haushalt, Subventionskürzungen und Eingriffe in Leistungsgesetze, notfalls auch linear, durchführen".

Der erneute Kursrutsch der im DAX gelisteten deutschen Standardaktien, die am Montag deutlich unter die wichtige Index-Marke von 3000 Punkten fielen, ist nach Einschätzung der Wirtschaftsforscher keine Reaktion auf den Wahlausgang. Allerdings werde die "mittelfristige Börsenentwicklung von den Reformen der Regierung abhängen", betonte ZEW-Präsident Franz.