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Gewalt gegen Minderheiten

21. Oktober 2010

Später als geplant hat eine internationale Kommission mit Untersuchungen der ethnischen Unruhen in Kirgisistan vom Juni 2010 begonnen. Am Ende sollen Empfehlungen stehen, wie die Menschen wieder zusammenfinden können.

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Zerstörte Häuser in Osch (Foto: DW)
In den Unruhen wurden viele Häuser zerstörtBild: DW

Am Montag (18.10.2010) hat in Kirgisistan eine internationale Kommission ihre Arbeit aufgenommen, die die ethnischen Unruhen im Süden des Landes untersuchen soll. Das teilte der Zentralasien-Beauftragten der OSZE, Kimmo Kiljunen, auf einer Pressekonferenz in Bischkek mit. Er übernimmt zugleich den Vorsitz in der Untersuchungskommission. Ihr gehören Experten aus Russland, der Türkei, Australien, Estland, Frankreich und Großbritannien an. Ursprünglich sollte sie noch vor Jahresende ihren Bericht vorlegen. Gegenwärtig rechnet man aber mit Ergebnissen erst im Februar 2011.

Karte Kirgisistan mit der Hauptstadt Bischkek und der Stadt Osch (Grafik: DW)
Schwerpunkt der Unruhen war die Stadt Osch

Ende Juni war es im Süden Kirgisistans zu Unruhen zwischen ethnischen Kirgisen und Usbeken gekommen. Hunderte Menschen kamen ums Leben, Hunderttausende flohen nach Usbekistan. Die meisten Flüchtlinge sind inzwischen zurückgekehrt. Aufgrund der Zerstörungen leben aber bis heute viele Menschen in Zelten und sind auf Hilfslieferungen angewiesen.

Im April, also einige Monate vor den Unruhen war Präsident Kurmanbek Bakijew gestürzt worden. Die Opposition mit Rosa Otunbajewa an der Spitze übernahm die Macht im Lande. Kritiker werfen jetzt der Übergangsregierung Versagen vor. Sie habe besonders im ärmeren Süden Kirgisistans nicht für Stabilität gesorgt.

"Kein Tribunal"

Kiljunen erklärte, die Kommission habe später als geplant ihre Arbeit aufnehmen können, aber nicht weil sie von den kirgisischen Behörden behindert worden sei. Vielmehr habe es Meinungsverschiedenheiten der beteiligten internationalen Organisationen gegeben: "Im August war ich noch optimistisch und dachte, man könne mit der UNO, OSZE, EU und GUS sowie anderen internationalen Organisationen gut zusammenarbeiten, aber die Verhandlungen mit ihnen stellten sich als schwierig heraus. Deswegen konnten wir die Arbeit nicht früher beginnen", so der Kommissionsleiter. Ferner sei es schwierig gewesen, gute Experten zu finden, beklagte Kiljunen. Die Internationale Kommission werde deshalb mit der kirgisischen Untersuchungskommission und den Rechtschutzorganen des Landes kooperieren.

Portrait von Kimmo Kiljunen (Foto: AP)
Untersuchungsleiter Kiljunen betont die Unabhängigkeit seines TeamsBild: picture-alliance/dpa

Ersetzen könnten die ausländischen Experten die kirgisischen Sicherheitskräfte ohnehin nicht, da sie über keine polizeilichen Befugnisse verfügten, stellte er klar: "Das ist keine forensische Untersuchung, kein Tribunal und auch kein Gericht." Untersucht werden solle unter anderem die Medienberichterstattung. Auch sollen Gespräch mit Zeitzeugen geführt werden. "Wir wissen, dass viele Augenzeugen der damaligen Ereignisse sich im Ausland befinden, weswegen wir auch dort Nachforschungen anstellen werden", sagte Kiljunen.

Unparteiische Untersuchungen

Untersuchen wollen die internationalen Experten den ethnischen Konflikt in Kirgisistan unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte, einschließlich des historischen Hintergrunds. Der Abschlussbericht werde aus mehreren Teilen bestehen, erläuterte Anna Matwejewa, Expertin der Kommission: "Erstens wollen wir die Fakten zusammentragen, was genau passiert ist. Zweitens wollen wir erklären, warum es passiert ist. Und drittens wollen wir Empfehlungen für die Zukunft abgeben: wie die Gesellschaft nach dem Konflikt wieder zusammenfinden kann."

Der internationalen Kommission gehört kein kirgisischer Staatsbürger an, was unparteiische und objektive Untersuchungen gewährleisten soll. Kiljunen betonte, die Kommission sei auch nicht von den internationalen Organisationen und Regierungen abhängig: "In unserer Arbeit sind wir von Finnland, Norwegen, Schweden und Dänemark unabhängig, obwohl sie das Geld bereitgestellt haben. Unabhängig sind wir auch von der UNO, OSZE, EU, GUS und anderen Organisationen."

Autor: Alexander Tokmakow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Fabian Schmidt