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Gesellschaft

Volkswagen - Da weiß man, was man hat

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Felix Steiner
26. Mai 2018

Was haben der VW-Konzern, die Stadt Wolfsburg und der Käfer gemeinsam? Richtig: Hitler war der Mann, der das alles bestellt und bekommen hat. Felix Steiner mit einigen Gedanken zu Geschichte und Perspektiven von VW.

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Bild: picture-alliance/dpa/Zhou Junxiang

Erinnern Sie sich noch an den Furor vor ziemlich genau einem Jahr, als alle Bundeswehr-Kasernen nach Wehrmachtsdevotionalien durchsucht wurden? Waffen, Orden, Uniformteile, Modelle - alles, was aus der Hitler-Zeit stammte, hatte von jetzt auf gleich keinen Platz mehr in der deutschen Armee.

Ein Führer ohne Führerschein

Was bliebe wohl, wenn man bei VW in Wolfsburg ein ähnliches Großreinemachen ansetzte? Denn anders als die deutschen Streitkräfte, die es schon lange vor Hitler gab, waren ja VW, das langjährige Erfolgsmodell Käfer sowie die Stadt Wolfsburg ganz speziell des Führers Wunsch und Wille. Er, der selbst gar keinen Führerschein besaß, war es, der die Konstruktion von Ferdinand Porsche persönlich genehmigte. Er war es, der das neue Unternehmen gründen ließ, nachdem keiner der vorhandenen Hersteller den Wagen nach seinen Vorstellungen und zum befohlenen Preis produzieren wollte. Und er war selbstverständlich mit dabei, als heute vor genau 80 Jahren der Grundstein für die Fabrik militärstrategisch günstig in der Mitte des Deutschen Reiches gelegt wurde.

Der "Volkswagen" - allein der Name atmet den Geruch der Zeit - sollte das automobile Pendant zum "Volksempfänger" werden, dem für alle erschwinglichen Radiogerät, das damals in deutschen Küchen und Wohnzimmern Einzug hielt. Doch dazu kam es nie, denn noch bevor die Fabrik fertig war, wurde aus dem Volkswagen der Kübelwagen, mit dem deutsche Landser durch fast ganz Europa und Nordafrika rollten. Für Porsches Konstrukteure keine wirkliche Überraschung, denn die militärische Verwendbarkeit des Wagens war ja von Anfang an mitgeplant worden.

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DW-Redakteur Felix Steiner

Er läuft und läuft und läuft…

Hitlers Käfer indes lernte erst nach dem Krieg das Laufen und wurde ironischerweise zum Symbol des Wiederaufbaus nach dem von ihm ausgelösten Krieg. Er läuft und läuft und läuft… - bis zum endgültigen Produktionsstopp 2003 (!) lief er mehr als 21 Millionen Mal von den Bändern diverser Fabriken in Deutschland und Mexiko. Er galt als zuverlässiger und unverwüstlicher Wagen und doch hätte er dem einstigen Staatsbetrieb (auch das ein Erbe Hitlers) fast das Genick gebrochen: Um 1970 herum wollten nämlich immer weniger Kunden die technisch längst veraltete Karre mit Heckantrieb und Boxermotor kaufen.

VW hat die Krise gemeistert, weil man bei den wenige Jahre zuvor "eroberten" Marken Audi und NSU moderne Fahrzeugkonzepte räuberte. Nur so konnten innerhalb kürzester Zeit die bis heute erfolgreichen Modelle Golf, Passat und Polo auf den Markt gebracht werden, mit denen sich die Volkswagen AG - ein Name, den kein heutiger Profi-Werber akzeptieren würde - sich zum weltgrößten Autohersteller entwickelt hat. Nein, dafür ist Hitler nun wirklich nicht mehr verantwortlich, auch wenn sich die Allegorie vom "Endsieg" bei dieser Geschichte natürlich anbietet.

Das Auto. Ohne Führer.

Die Bundesverteidigungsministerin hat jüngst einen neuen "Traditionserlass" für die Bundeswehr vorgelegt. Zentral sind darin zwei Grundsätze: Was aus der Hitler-Zeit stammt, entspricht nicht unseren Werten und kann daher nicht traditionsstiftend sein. Und: Die Nachkriegsgeschichte ist inzwischen lang genug, um ausreichend eigene Traditionen zu begründen.

Was heißt das für VW? Mit der Marke verbunden werden längst Produkte und Ideen, die nach 1945 entwickelt worden sind. Vor allem der Golf, der den Käfer an gebauten Exemplaren schon vor 16 Jahren übertroffen hat. Perfekt! Und seit drei Jahren der Diesel-Skandal. Weniger gut.

Für das kommende Jahr hat VW eine Überarbeitung seines Firmenlogos angekündigt. Gemeinsam mit einer neuen Baureihe von Elektroautos soll es vorgestellt werden, "weniger spießig" und "bunter" ausfallen. Ob sie in Wolfsburg wirklich auf die zackigen Linien des V und des W aus der Zeit des Führerkults der 1930er-Jahre verzichten? Wohl kaum. Selbst die Bundeswehr zeigt sich ja trotz neuem Traditionserlass immer noch mit dem Eisernen Kreuz, das auch jeden Wehrmachtspanzer zierte. Vielleicht aber wird ja aus dem Claim "Das Auto." künftig "Das saubere Auto." Das wäre dann eine geradezu vorbildliche Bewältigung zumindest der jüngsten Vergangenheit.

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