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Politik

Kein Anlass für Euphorie

Kommentarbild Christina Bergmann PROVISORISCH
Christina Bergmann
8. November 2017

Bei Gouverneurswahlen in den USA haben die Demokraten zwei wichtige Siege erzielt. Und erstmals zieht eine Transgender-Frau in ein US-Parlament ein. Doch Christina Bergmann warnt davor, diese Siege zu überschätzen.

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Danica Roem
Wahlerfolg in Virginia: Die Demokratin Danica Roem zieht als erste Transsexuelle in ein US-Parlament einBild: picture-alliance/S.Helber

Es geht ein Aufatmen durchs Land. Endlich, endlich können die US-Demokraten auf Wahlsiege zeigen und sagen: Seht her, wir sind auch noch da. Donald Trump ist nicht das ganze Amerika. Im US-Bundesstaat Virginia hat Demokrat Ralph Shearer Northam gegen den Republikaner Ed Gillespie gewonnen, in New Jersey wird Demokrat Phil Murphy den Trump-Freund Chris Christie ablösen, und in New York wurde der demokratische Bürgermeister Bill de Blasio wiedergewählt.

Keine außergewöhnlichen Erfolge

Diese Siege sind zweifelsfrei wichtig für das heftig angeschlagene Ego der Demokraten und ihrer Anhänger, die es auch ein Jahr nach der Präsidentschaftswahl noch immer nicht fassen können, dass ein Mann wie Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde. Doch läuten diese Siege schon das Ende von Donald Trump ein? Weit gefehlt.

Christina Bergmann DW Washington
DW-Redakteurin Christina BergmannBild: DW

Schauen wir genauer hin: Virginia wird auch derzeit von einem Demokraten regiert und gewonnen hat der jetzige Vize-Gouverneur. In dem Swing-State ist ein demokratischer Gouverneur keine Seltenheit. Von den vergangenen vier Amtsinhabern waren drei Demokraten. Der US-Bundesstaat New Jersey wird seit 2002 von Demokraten regiert, der Republikaner Chris Christie war die Ausnahme und ist spätestens seit dem "Brückenskandal" bei den Wählerinnen und Wählern unten durch. Damals, 2013, wurden mehrere Autobahn-Spuren zu einer vielbefahrenen Brücke gesperrt, um einen Bürgermeister zu bestrafen, der Christie nicht unterstützte. Auch in New York sind republikanische Bürgermeister eher die Ausnahme.

So wichtig diese lokalen Siege für die Demokraten also sind, sie zeugen noch nicht davon, dass die Demokraten auf nationaler Ebene ein Rezept gegen Trump gefunden hätten. Die Beliebtheitswerte des US-Präsidenten sind landesweit zwar so niedrig wie nie, aber seine Anhänger stehen weiter fest zu ihm. Nach einer Umfrage im Auftrag von NBC und "Wall Street Journal" ist er unter Gleichgesinnten mit Abstand der beliebteste Republikaner - 78 Prozent bewerten ihn positiv.

Keine Vision bei den Demokraten

Das Land ist also nach wie vor gespalten, die Demokraten haben Trumps "Make America great again" keine Vision entgegenzusetzen. Und vier Nachwahlen zum Kongress haben die Demokraten in diesem Jahr bereits verloren. Das wichtigste aber: Es ist niemand in Sicht, der das Steuer der demokratischen Partei übernehmen könnte, um ein zukunftsgewandtes und erfolgversprechendes Programm zu entwickeln und umzusetzen. Die Demokraten lecken ihre Wunden und haben das Trauma von Trumps Wahlsieg und Hillary Clintons Niederlage immer noch nicht überwunden. Dabei wird es Zeit, dass sie der Realität ins Auge blicken. Die demokratische Partei ist mit Schuld an der Niederlage von 2016. Clinton war die falsche Kandidatin. Doch sie - und ihr Geld - hatten die Partei im Griff, niemand wagte, gegen sie anzutreten.

In diesen Tagen machen Auszüge aus einem Buch der politischen Beraterin Donna Brazile Schlagzeilen. Brazile hat die Demokraten schon seit Jahrzehnten bei Wahlkämpfen auf nationaler Ebene unterstützt und sie war für kurze Zeit Vorsitzende des Nationalen Demokratischen Komitees. Sie beschreibt, was hinter den Kulissen vor und während der Präsidentschaftswahl 2016 passierte. Glaubt man ihr, dann waren die Karten unfair verteilt und Bernie Sanders konnte die Vorwahlen gar nicht gewinnen. Es ist kein schönes Bild, das Brazile von ihrer eigenen Partei zeichnet. Und definitiv keines, das Hoffnung weckt, dass die Demokraten bereit und in der Lage sind, im nächsten Jahr bei den Kongresswahlen und zwei Jahre später bei den Präsidentschaftswahlen zu punkten. Daran ändern auch die Siege in Virginia, New Jersey und New York nichts.

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