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Teufel, Belzebub - und Trump

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Andreas Rostek-Buetti
15. Januar 2020

Den Teufel mit dem Belzebub austreiben, das hat noch nie funktioniert - auch nicht, wenn Trump den Belzebub gibt: Der Deal zwischen China und den USA gehört zu einem größeren Zerstörungswerk, meint Andreas Rostek-Buetti.

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Karikatur von Dominik Joswig Handelsstreit USA-China
Bild: DW/D. Joswig

Vielleicht sind die Märkte ja wirklich manchmal klüger als die Beobachter der Märkte: Am Tag, als die Unterhändler der USA und Chinas im Weißen Haus mehr oder weniger feierlich eine erste Einigung in dem von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelskrieg zelebrierten, dominierte Schulterzucken an den Börsen - in Hongkong, Shanghai oder Frankfurt am Main. In Asien gab es leichte Verluste bei den Aktien-Indizes, auch in Deutschland rutschte der DAX um 0,2 Prozent ins Minus. Begeisterte Zustimmung sieht anders aus.   

Die Bilanz, die Trump mit seinen Unterhändlern präsentiert, scheint zwar eindrucksvoll zu klingen: China will nun deutlich mehr US-Waren kaufen, von einem Plus von 100 Milliarden Dollar pro Jahr ist die Rede. China sichert Entgegenkommen beim Schutz geistigen Eigentums für US-Firmen zu und beim bisher erzwungenen Technologietransfer. Und außerdem stellt China den vermehrten Kauf amerikanischer Agrargüter in Aussicht - die US-Farmer werden es Trump danken.

Vielleicht ist das ja so einfach

Die chinesische Seite hatte schon zu Wochenbeginn ein Zahlenwerk vorgelegt, das sich wie eine Begründung für den Deal Nummer Eins in dem mutmaßlich noch langen Handelskonflikt liest: Einbruch des Exports in die USA und historisch schwacher Handelszuwachs weltweit; in der Folge ein für chinesische Verhältnisse schwaches Wirtschaftswachstum von etwas mehr als sechs Prozent; ohne starkes Wachstum jedoch keine politische Sicherheit im Reich der Kommunistischen Partei ... Vielleicht ist das ja so einfach.

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Andreas Rostek-Buetti, DW-Wirtschaftsredaktion

Tatsächlich aber ist noch nicht ausgemacht, was aus den Verabredungen wird. Trump ist ein erratischer Herrscher; die chinesischen Machthaber werden einen Teufel tun, ihre Karten tatsächlich aus der Hand zu geben (deren Ziel ist es ja, mit buchstäblich allen Mitteln wirtschaftlich und politisch zu expandieren, um in der digitalen Welt zur Nummer Eins zu werden - und an der Macht zu bleiben). Vor allem aber zeigt der sogenannte Deal alle Symptome der Probleme, die er lösen soll.

Belzebub Trump zeigt - das ist längst sein Markenzeichen - demonstrative Missachtung gegenüber multilateralen, internationalen Vereinbarungen, in denen nicht er und er allein die Regeln diktiert. Das Instrument "Sanktionen" ist da zum wohlfeilen Brecheisen geworden: Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt. Der deutsche Ökonomen Gabriel Felbermayr sprach mit Blick auf die Vereinbarung von Washington von "bilateralem Nonsens in einer multilateralen Welt". Man kann es kaum besser sagen. Und von Peking aus sekundierte der Chef der Europäischen Handelskammer, Jörg Wuttke, mit dem treffenden Ausdruck: "gelenkter Handel" - der nämlich komme womöglich heraus bei dem Handelsdeal zwischen Washington und Peking.

Abschied von internationalen Schiedsmechanismen

Für Handelskonflikte, wie denen, die jetzt im Weißen Haus "geregelt" werden sollen, gab es in alten Zeiten einmal internationale Schiedsmechanismen, insbesondere die Welthandelsorganisation WTO. Bei der ist auch manches im Argen, zugegeben; Trump allerdings hat auch hier die grobe Axt angelegt und den Laden gleich ganz lahm gelegt. 

Die Länder, die sich auf solch ein allgemeines Regelwerk wie das der WTO geeinigt hatten, sahen sich reichlich belohnt, wissen Volkswirte. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat zusammen mit anderen den Effekt berechnet: Der Zugewinn für die beteiligten 180 WTO-Länder liegt demnach bei insgesamt rund 855 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Die durchschnittliche Steigerung der Wirtschaftsleistung liegt dadurch pro Mitgliedsland bei 4,5 Prozent.

Der Handelskrieg des US-Präsidenten ist ein direkter Angriff auf solche Errungenschaften, egal was im Weißen Haus vereinbart werden mag. Die Chancen multilateraler Problemlösung werden damit kleiner und nicht größer. Was dabei herauskommt, kann man anhand der chinesischen Außenhandelsbilanz ebenso besichtigen wie - auf anderen Feldern - in Iran und Irak oder in Brasilien oder auch in Ungarn und Polen. America first zerstört internationale Errungenschaften, mit denen wirklich entscheidende, globale Probleme angegangen werden müssten, und bringt (vielleicht) 40 Milliarden mehr Umsatz für amerikanische Bauern. Die wird Trump für seine Wiederwahl brauchen.Vielleicht ist das ja so einfach.