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Terrorangst statt Abrüstung

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Ines Pohl
2. April 2016

Die Vision einer atomwaffenfreien Welt spielte keine Rolle mehr beim Nukleargipfel in Washington, beklagt Ines Pohl. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie ein atomarer Anschlag durch Terroristen verhindert werden kann.

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US-Präsident Barack Obama beim Nukleargipfel in Washington (Foto: Getty Images/Pool/A. Harrer)
Bild: Getty Images/Pool/A. Harrer

Der Atomsicherheitsgipfel, zu dem immerhin Vertreter von 50 Staaten eingeladen waren, schaffte es noch nicht einmal auf die Titelseiten der großen US-amerikanischen Tageszeitungen. Wenn überhaupt, dann wurde auf den hinteren Seiten weniger über die Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt geschrieben als vielmehr über die Möglichkeiten einer nuklearen Terrorattacke.

Entwicklung neuer Atomwaffen

Ins Leben gerufen hatte US-Präsident Barack Obama den Atomsicherheitsgipfel im Jahr 2009 mit dem expliziten Ziel, Frieden und Sicherheit "in einer Welt ohne Atomwaffen zu suchen". Von dieser Absolutheit ist nichts geblieben. Im Gegenteil: Die USA investieren Milliarden in Forschung, die präzise Atomschläge ermöglichen soll.

Offiziell wird dieser Komplettumbau der US-Streitkräfte als Modernisierung verkauft. Die Russen haben entsprechend reagiert und sind dabei, nun auch ihr Atomwaffenarsenal zu "modernisieren". Nüchtern darf man das durchaus als neues Wettrüsten bezeichnen.

Auch das ist ein Grund dafür, dass der russische Präsident Wladimir Putin gar nicht erst nach Washington reiste. Und es ist ein weiterer Beleg dafür, wie eisig die Beziehungen zwischen Moskau und Washington momentan sind.

Explizite Warnung

Das ist ein brisantes Signal. Nicht zuletzt die jüngsten Anschläge in Paris und Brüssel zeigen, über welche Logistik die Terrormiliz "Islamischer Staat" mittlerweile verfügt und zu welchen Taten islamistische Terrorgruppen trotz aller Sicherheitsvorkehrungen in der Lage sind.

Präsident Obama hat beim Atomsicherheitsgipfel explizit vor nuklearem Terrorismus gewarnt. Zwar wies er darauf hin, dass es dank internationaler Kooperation für Terroristen schwieriger geworden sei, sich waffenfähiges Uran zu besorgen. All das ändere aber nichts an der tatsächlichen Gefahr, dass der Wille, mit dem Terrorgruppen einen verheerenden atomaren Anschlag vorbereiten, stärker ist als je zuvor.

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Ines Pohl ist DW-Korrespondentin in Washington

Und egal in welche Region ein solcher Anschlag verübt würde: Die ganze Welt wäre betroffen, nicht nicht nur durch tödliche Strahlen, sondern auch durch wirtschaftliche, politische und nicht zuletzt psychologische Folgen.

Trump droht mit Atomschlag

Vor diesem Hintergrund ist der Politikstil von Präsident Obama, auch mit umstrittenen Staatenführern im Gespräch zu bleiben, wichtiger denn je. "Balanced relationship" nennt er seine Art zu regieren. Damit ist gemeint, vor Verhandlungen keine ultimativen Bedingungen mehr zu stellen, sondern das Machbare auszuloten, also etwa mit China über Abrüstung zu verhandeln und gleichzeitig die Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren. Das ist nicht nur moralisch vertretbar, sondern pragmatisch sogar zwingend.

Ganz anders verhält es sich mit der Tatsache, dass die Amerikaner das Recht für sich in Anspruch nehmen, neue Atomwaffen zu entwickeln, während sie andere Länder zu einer totalen Abrüstung zwingen.

Dieser bigotte Kurs ist besonders heikel für ein Land, dessen möglicher nächster Präsident namens Donald Trump einen Atomschlag gegen Terroristen sogar in Europa nicht ausschließen will.

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Ines Pohl Büroleiterin DW Studio Washington@inespohl