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Terrorismus

Terror heißt Schrecken

von der Mark Fabian Kommentarbild App
Fabian von der Mark
2. Dezember 2016

Ein neuer Bericht über mögliche Anschläge in Europa alarmiert die Öffentlichkeit. Neu ist die Europol-Analyse nicht, aber sie befeuert die Angst - und nutzt damit nur den IS-Terroristen, meint Fabian von der Mark.

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Trauer um Opfer in Nizza
Bild: Reuters/E. Gaillard

Das Wort Terror kommt aus dem Lateinischen und heißt Schrecken. Ziel des sogenannten "Islamischen Staates" ist es Angst und Schrecken zu verbreiten. Deshalb wird der IS zu Recht Terrororganisation genannt. Die Deutschen haben vor dieser Organisation Angst. Die eigentliche Bedrohung können sie selbst nicht einschätzen - sie müssen sich auf Politiker, Experten und die Medien verlassen.

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DW-Korrespondent Fabian von der Mark

Was aus dem neuen Europol-Papier ankommt:

1. Der IS hat eine neue Taktik.

2. Demnächst gibt es einen Anschlag in Europa.

3. Die Kämpfer sind schon unter uns.

Die natürliche Reaktion: Angst.

Die vermeintlich "neue Taktik" hat der IS-Mann Abu Muhamed Al-Adnani jedoch schon im Sommer 2014 ausgegeben. Zusammengefasst lautete sie: Unternehmt Anschläge auf "Ungläubige" auch im Westen, egal auf wen und egal mit welchen Waffen, gerne mit möglichst vielen Opfern. Das Ziel dieser Anschläge hat er ebenfalls benannt: den Westen so mit Terror überziehen, dass "Nachbarn sich vor Nachbarn fürchten". Wollen wir das?

Demnächst ein Anschlag?

Anschläge nach diesem Muster gab es seitdem viele (Brüssel, Paris, Nizza, Essen, Hannover, Würzburg) und niemand kann sagen, ob noch Weitere dazu kommen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch und die Behörden sind deshalb längst in höchster Alarmbereitschaft. In Deutschland gab es zuletzt Festnahmen potenzieller Terroristen sowie hochrangiger Islamisten und die Wachsamkeit ist in ganz Europa hoch. Nicht hoch genug?

Potentielle Terroristen schon da?

Besonders im Blick haben die Geheimdienste aus Europa stammende Kämpfer, die aus Syrien und dem Irak nach Deutschland, Frankreich oder Belgien zurückkehren. Ein Teil dieser Rückkehrer ist frustriert und traumatisiert, ein Teil arbeitet mit den Behörden zusammen und ein weiterer Teil könnte Anschläge begehen. Außerdem leben in Deutschland noch potenzielle Attentäter, die nie im Irak oder Syrien waren. All diese Gefährder, von denen auch Europol jetzt schreibt, versuchen die Behörden permanent im Blick zu haben. Muss man sie daran erinnern?

Bedrohlich aber nicht neu

Die Erkenntnisse sind also immer noch genau so alarmierend, wie in den vergangenen zwei Jahren. Neu sind sie aber nicht. Natürlich haben Geheimdienste auch andere, viel konkretere Erkenntnisse, vernehmen - wie sie sagen - ein geringeres oder ein höheres "Grundrauschen". Und natürlich werden auf diesen Grundlagen auch politische und polizeiliche Entscheidungen getroffen. Nur: Was für Entscheidungen kann der Bürger treffen?

Was bedeuten die wenig neuen Europol-Informationen für den Bürger?

Dass er jetzt nicht mehr U-Bahn fährt? Dass er keinen Weihnachtsmarkt besucht? Völlig zu Recht betonen Politiker nach Anschlägen, dass wir uns den Lebensstil, unsere Freiheit, unsere offene Gesellschaft nicht nehmen lassen dürfen; dass wir ganz normal weiter leben müssen. Diese Überzeugung sollte uns auch vor einem möglichen Anschlag leiten.

Natürlich müssen die Menschen auch über neue terroristische Gefahren informiert werden. Nur: Was bringen reißerische Berichte, die eigentlich Allgemeinplätze sind?

Frankreich Fußball Stade de France
Stade de France in Paris Bild: picture alliance/Sven Simon

Das hatten wir auch schon kurz vor der Fußball-Europameisterschaft. Da zitierte die Bild-Zeitung aus einem Bericht des Bundeskriminalamtes: "Ein erfolgreicher Anschlag auf Mannschaften von 'Kreuzfahrernationen', zu denen Deutschland ebenfalls gezählt wird, hätte dabei besondere Symbolwirkung". Man muss kein Terror-Experte sein, um zu wissen, dass  ein solches Attentat natürlich dem IS gefallen hätte. Aber was bringen solche Berichte, außer den Besuch von Stadion, Oktoberfest und Weihnachtsmarkt zu vermiesen?

Panikmache ist der Job der Terroristen

Eine Behörde bekommt Aufmerksamkeit und eine Zeitung Leser - beide Bedürfnisse sind legitim, aber im Kampf gegen den Terror absolut zweitrangig. Im vergangenen Jahr sind bei Autounfällen in Europa 170-mal so viele Menschen ums Leben gekommen wie bei Terroranschlägen. Trotzdem haben die Deutschen vor nichts mehr Angst als vor einem Anschlag. Das liegt auch daran, dass die Angst immer wieder befeuert wird. Wir sollten auf die Panikmache verzichten. Das ist der Job der Terroristen, nicht unserer. Terror heißt Schrecken - und wir wollen den Kampf gegen den Terror doch gewinnen!

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