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Kommentar: Robert Mugabes letzter Sieg

Claus Stäcker22. August 2013

In Simbabwe ist der 89-Jährige Präsident Mugabe zu seiner siebten Amtszeit vereidigt worden. Ohne Manipulation und Duldung der Nachbarländer säße er nicht mehr im State House, dem Präsidentensitz, meint Claus Stäcker.

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Er ist der Meister aller Klassen! Hochbetagt führt er sie noch einmal alle vor: das eigene Volk, die Nachbarn, die Staatengemeinschaft Südliches Afrika (SADC), die Afrikanische Union (AU), den Westen. Robert Mugabe, 89, alter und neuer Präsident Simbabwes. Ein politischer Pokerspieler erster Güte. Seit Donnerstag (22.08.2013) sitzt er so fest im Sattel wie seit 13 Jahren nicht mehr. 2000 - im letzten wirklich demokratischen Referendum - lehnte das Volk seine unbeschränkte Machterweiterung ab. Ein Warnschuss für den selbstverliebten Herrscher. 2002 wackelte sein Stuhl zum ersten Mal. Die Wahlen wurden für jeden sichtbar manipuliert – ohne Folgen. Mugabe blieb. 2008 kam es noch schlimmer für ihn: Selbst voreingenommene Wahlbeobachter konnten nicht bestreiten, dass Mugabe und seine Partei, die ZANU-PF (Afrikanische Nationalunion von Simbabwe - Patriotische Front), von der Mehrheit der Simbabwer abgewählt worden waren. Wieder gelang es ihm durch Verzögerungen, Staatsterror und Propaganda, das wahre Ergebnis zu seinen Gunsten zu wenden.

Claus Stäcker verantwortet die Afrika-Programme innerhalb der Multimediadirektion Regionen (Foto: DW)
Claus Stäcker, Leiter der Afrika-Programme der DWBild: DW

Jede Wahl seit elf Jahren manipuliert

Im Jahr 2013 nun sieht er nach den überdeutlichen Wahlergebnissen – 61 Prozent für ihn, Zweidrittelmehrheit für seine Partei - aus wie ein legitimer Präsident. Aus Afrika sind kaum Proteste zu hören. Die Gästeliste bei der Vereidigung zeigt die Sympathieverteilung. Botswanas Präsident Ian Khama fehlt, er gilt als Erzfeind Mugabes und ist weit und breit der einzige, der dem Despoten offen die Stirn bietet. Dafür musste er sich – diplomatischen Kreisen zufolge – von Mugabe schon als "Bastard" beschimpfen lassen. Der mächtige Nachbar Südafrika schickt nur seinen zweiten Mann. Präsident Jacob Zuma will damit wohl signalisieren: Wir erkennen dich an, Robert Mugabe, wollen uns aber die Hände nicht allzu schmutzig machen.

Westliche Beobachter staunen, wie viele Bewunderer der alte Mann auf dem Kontinent hat: Halb Afrika scheint sich klammheimlich mitzufreuen, wenn der Befreiungsheld seine Hasstiraden gegen "weiße Kolonialsiedler" und "anglo-amerikanisch gesteuerte Neo-Imperialisten" startet. So offen traut sich das sonst keiner, hört man selbst Intellektuelle raunen.

Dabei gerät einiges in Vergessenheit. Wie Mugabe noch während des Befreiungskampfes unliebsame Genossen ausschaltete. Den Sieg gegen das weiße Rhodesien vereinnahmte, Mitstreiter und wichtige Kampfgefährten aus dem nationalen Gedächtnis tilgte. Es gab viele Helden, aber nur einer strahlt bis heute: Robert Mugabe – das ist das Ergebnis von 33 Jahren Propaganda. Sein hartnäckiger Erzrivale Morgan Tsvangirai, den er sogar foltern ließ, war nicht der erste politisch ausmanövrierte. In den 1980er Jahren hatte er den populären Joshua Nkomo, ein einstiger Weggefährte, an die Seite gedrängt, ließ tausende seiner Anhänger töten. Er führte Krieg gegen das eigene Volk. Weiße Farmer ließ er entgegen allen simbabwischen Gesetzen gewaltsam und willkürlich enteignen. Mugabe ignorierte nationale und internationale Urteilssprüche – auch den des Tribunals der Staatengemeinschaft SADC.

Parallel fiel Simbabwe auf dem UN-Entwicklungsindex auf Rang 173 zurück. Die Lebenserwartung fiel binnen eines Jahrzehnts von 55 auf 44 Jahre. Und als sich AU und SADC nach dem von Mugabe entfachten blutigen Bruderkrieg 2008 nicht anders zu helfen wussten und ihn zu einer Regierung der nationalen Einheit zwangen, verpflichtete sich Wahlverlierer Mugabe im Globalen Politischen Abkommen (GPA) zu einem Demokratiefahrplan: Kaum einen einzigen Punkt davon hat er glaubwürdig umgesetzt. Er hat das Abkommen unterlaufen, ausgehöhlt, uminterpretiert. Schon diese Manipulation hätte ausgereicht, um ihm die Legitimität abzusprechen.

Verblüffendes Schweigen in Afrika

Afrika lässt es ihm durchgehen. Man sollte Tsvangirai und der Partei MDC (Bewegung für demokratischen Wandel), so sehr sie im Ansehen gefallen sein mag, genau zuhören, wenn sie die Wahlmanipulationen zusammenfasst. Man sollte sich mit der Zivilgesellschaft befassen, die schon lange vor dem umstrittenen Urnengang vor dem Betrug am Volk warnte. Man sollte die Millionen Simbabwer befragen, die vor dem System Mugabe ins Ausland geflohen sind – ein Viertel des Volkes – warum sie nicht zurückkehren.

Natürlich hat Mugabe mit der "Indigenisierung der Wirtschaft" – Unternehmen müssen mehrheitlich im Besitz schwarzer ("indigener") Simbabwer sein – ein populäres Wahlthema gefunden. Vielleicht hätte ihn das Volk sogar legal dafür gewählt. Die Opposition hat dazu – wie zuvor schon bei der hochpolitisierten "Landreform" - keine überzeugenden Alternativen aufgezeigt. Das Tsvangirai-Lager ist flügellahm, desolat und ratlos. Auch das erklärt, warum Mugabe noch immer an der Macht ist. Schon aus biologischen Gründen wird es wohl Mugabes letzter Sieg sein. Er mag der Meister aller Klassen sein, ein genialer Manipulator und Verführer. Und früher auch ein Held. Aber ein legitimer Präsident ist Robert Mugabe nicht. Sein Sieg ist ein Pyrrhussieg für Simbabwe. Und eine Niederlage für die Demokratie in Afrika.