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Kommentar: Putins Worte ohne Wirkung

Bernd Johann8. Mai 2014

Es schien, als wollte Russland das illegale "Referendum" stoppen. Die Separatisten spielen aber nicht mit. Ohne eine Entwaffnung dieser Gruppen kann es keinen Frieden in der Ostukraine geben, meint Bernd Johann.

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Bernd Johann, Leiter der Ukrainischen Redaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Bernd Johann, Leiter der Ukrainischen Redaktion der Deutschen WelleBild: DW/P. Henriksen

Es war nur ein vager Hoffnungsschimmer. Für kurze Zeit entstand der Eindruck, das illegale "Referendum" der Separatisten im Osten der Ukraine könnte gestoppt werden. Wladimir Putin selbst hatte diese Hoffnungen geweckt. Die prorussischen Kräfte sollten ihre für den 11. Mai geplante "Abstimmung" über eine Unabhängigkeit der selbsternannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk verschieben, sagte der russische Präsident nach einem Treffen mit dem OSZE-Vorsitzenden Didier Burkhalter, der in der Krise vermitteln will. Zum ersten Mal sprach Putin sogar davon, dass die bevorstehende Präsidentschaftswahl in der Ukraine ein "richtiger Schritt" sein könne. Die russische Armee habe sich von der ukrainischen Grenze zurückgezogen, so Putin weiter.

Doch nun stehen die Zeichen erneut auf Eskalation. Und der Konflikt in der Ostukraine könnte sich jetzt dramatisch zuspitzen. Die Separatisten haben Putins Vorschlag abgelehnt. Hat der Kreml-Chef etwa keinen Einfluss auf das Geschehen in der Ostukraine? Bislang wirkten die Aktionen der prorussischen Gruppen und die Erklärungen dazu aus Moskau recht eingespielt. Es ist kaum anzunehmen, dass die Separatisten jetzt ihre Entscheidung ohne Billigung aus Moskau getroffen haben.

Abstimmungsfarce wird Konflikt anheizen

Putin redet von Diplomatie und friedlicher Konfliktlösung. Aber er tat bislang nichts dafür, um die Lage zu entschärfen. Im Gegenteil: Lange Zeit bestritt er, dass Russland in den Aufstand auf der Krim verwickelt sei. Mit Unterstützung von bewaffneten Separatisten hat er dann der Ukraine die Krim genommen. Seitdem agierte Putin stets als Fürsprecher militanter Gruppen, die jetzt Teile des Ostens abspalten wollen. Wiederholt drohte er der Ukraine sogar mit einem Einmarsch der russischen Armee. Diese Soldaten sind immer noch unmittelbar an der Grenze zur Ukraine in Einsatzbereitschaft, trotz der Hinweise Putins auf einen Rückzug. Dieser sei nicht erkennbar, sagt die NATO, die es wissen muss.

Es ist völlig unklar, wie die Separatisten in der Ostukraine ihre Abstimmungsfarce am kommenden Sonntag (11.05.2014) durchführen wollen. Da ihnen der Zugang zu den Wählerverzeichnissen fehlt und sie ohnehin nur Teile der Ostukraine kontrollieren, hätte es ihnen eigentlich recht sein können, die Abstimmung zu verschieben. Doch sie wollen es nicht. Sie suchen erst gar nicht nach der Möglichkeit zu einem Dialog. Es scheint, als wollten sie eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld herbeiführen mit verheerenden Folgen für die Menschen in der Region.

Separatisten bieten keine Lösungen

Politisch haben die militanten Gruppen keine Konzepte vorgelegt. Sie halten einige Gebäude besetzt und haben mit Waffengewalt die Bewohner der kleinen Stadt Slowjansk als Geiseln genommen. Aber sie müssten jetzt den Menschen in der Ostukraine erklären, wie sie sich ihre "Volksrepubliken" politisch und wirtschaftlich in der Zukunft vorstellen. Aber das tun sie nicht. Deshalb stehen die Separatisten ziemlich isoliert da. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in der Ostukraine schweigt. Die Menschen haben vor den bewaffneten Gruppen mindestens genauso soviel Angst wie vor dem Militär aus Kiew.

Die ukrainische Übergangsregierung hat das Recht gegen die Separatisten vorzugehen. Aber sie muss dem Osten auch eine politische und wirtschaftliche Perspektive aufzeigen. Das ist ihr bislang nicht gelungen. Das Misstrauen gegenüber Kiew ist groß und das nutzen die militanten Kräfte und auch die russische Propaganda aus.

Eine friedliche Lösung in der Ostukraine ist aber nur möglich, wenn die Separatisten ihre Waffen niederlegen. Dafür muss sich auch Moskau einsetzen. Nur Russland verfügt über den dafür notwendigen Einfluss. Solange hier nichts unternommen wird, gibt es für die Regierung in Kiew, aber auch für Europa und den Westen keinen Grund, Putin zu vertrauen.