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Nur Durchreisende

30. August 2015

Die Bundesliga verliert den besten Spieler der vergangenen Saison. Der Wechsel von Kevin De Bruyne in die Premier League verheißt für die Fans nichts Gutes, meint DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Italien VfL Wolfsburg in Mailand
Kevin De Bruyne mit den Wolfsburger Teamkameraden Nicklas Bendtner (l.) und Timm Klose (r.)Bild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Keine Frage, Kevin De Bruyne wird der Bundesliga fehlen. Nicht umsonst ist er kürzlich zu "Deutschlands Fußballer des Jahres" gewählt worden. Für den VfL Wolfsburg hat er in der vergangenen Saison überragend gespielt. Einen so formidablen Spielmacher wie den 24 Jahre alten Belgier hatten selbst die großen Bayern in der Saison 2014/2015 nicht in ihren Reihen. Jetzt ist er weg, weggekauft von Manchester City für angeblich rund 75 Millionen Euro. Eine Wahnsinnssumme. Einerseits ist eigentlich kein Spieler der Welt so viel Geld wert. Andererseits relativiert sich die Summe, wenn man betrachtet, wie viel englische Vereine in diesem Sommer für andere, im Vergleich zu De Bruyne deutlich weniger begnadete Bundesliga-Kicker hingeblättert haben: der FC Liverpool 41 Millionen Euro für den Hoffenheimer Roberto Firmino, der FC Chelsea 20 Millionen Euro für den Augsburger Abdul Rahman Baba.

Mit den Gedanken schon weg

Allein Manchester City, der neue Arbeitgeber von Kevin de Bruyne, hat in dieser Saison mehr als 200 Millionen Euro für neue Spieler investiert. Der Belgier soll bei seinem neuen Verein mindestens 15 Millionen, wenn nicht gar 20 Millionen Euro pro Jahr verdienen. Wer kann einem solchen Angebot widerstehen? Kein Wunder, dass De Bruyne in den letzten Wochen beim VfL Wolfsburg nur noch wie ein Schatten seiner selbst wirkte. Mit den Gedanken war er wohl schon längst bei den "Citizens". Womöglich spielte er auch - bewusst oder unbewusst - mit angezogener Handbremse, um sich nicht in letzter Minute noch zu verletzen und damit den Transfer zu gefährden.

Latte für Draxler liegt hoch

Vizemeister VfL Wolfsburg hat nicht lange gefackelt und knapp die Hälfte der kassierten Millionen gleich wieder investiert: in Julian Draxler. Der 21-Jährige soll die Lücke schließen, die der Weggang De Bruynes gerissen hat. Keine Frage, der Ex-Schalker ist ein Riesentalent, aber noch nicht auf dem Niveau des Belgiers. Es ist eher unwahrscheinlich, dass Draxler in Wolfsburg unverzüglich durchstartet. Die Latte liegt eben sehr hoch: De Bruyne war, wohlgemerkt in Topform, das Herz des Wolfsburger Spiels. Ohne seine Ideen und genialen Pässe dürfte es den "Wölfen" äußerst schwer fallen, national den FC Bayern herauszufordern und international in der Champions League ein ernsthaftes Wort mitzusprechen.

Geldschein-Wedeln geht erst richtig los

Dass mit den Wolfsburgern selbst einer der reichsten Vereine der Bundesliga letztlich nicht in der Lage ist, seinen Superstar zu halten, gibt zu denken. Der Weggang De Bruynes dürfte nur der Anfang sein. Die Premier League entwickelt sich nämlich immer mehr zum Goldesel. In der vergangenen Saison nahm selbst Absteiger Queens Park Rangers 36 Millionen Euro mehr an Fernsehgeldern ein als der deutsche Meister FC Bayern. Und die Schere zwischen englischer und deutscher Liga wird noch weiter auseinander klaffen. Ein neuer gigantischer Fernsehvertrag garantiert der Premier League von 2016 bis 2019 Einnahmen rund 9,5 Milliarden Euro. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass dann das große Geldschein-Wedeln erst richtig einsetzen wird. Dem Fußball hierzulande wird das nicht guttun. Die Fans werden sich noch mehr als schon jetzt damit abfinden müssen, dass die Stars ihrer Vereine nur Durchreisende sind.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter