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Politik

Nun ist Mugabe wirklich Geschichte

21. November 2017

Robert Mugabe ist nach 37 Jahren zurückgetreten. Sollte sich sein Nachfolger Mnangagwa als "Mugabe Light" erweisen, dürfte ihn die revolutionäre Welle, die Simbabwe erfasst hat, ebenso hinwegspülen, meint Claus Stäcker.

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Simbabwe Rücktritt Robert Mugabe | feiernde Menschen in Harare
Bild: Reuters/P. Bulawayo

Manchmal braucht der Frühling etwas länger. Noch zwei Tage klammerte sich der  93-Jährige uneinsichtig und entrückt an seinen Stuhl, faselte in einem bizarren TV-Auftritt von der nächsten Parteikonferenz unter seiner Leitung und verunsicherte damit nicht nur seine gehorsamen Generäle, sondern die halbe Welt. Das schon feiernde Volk hielt entsetzt den Atem an. Der Schatten des Diktators ist lang. Aber kaum hatte er aufgegeben und das von seiner Partei ZANU-PF kontrollierte Parlament ihm endlich doch den Rücktritt abgerungen, ging die Frühlings-Party auf den Straßen weiter. Diesmal eine überschäumende und nicht mehr zu bremsende Freudenfeier.

Mugabe-Kritiker, wie der Publizist und Medienunternehmer Trevor Ncube, reagierten emotional. Nie hätte ich gedacht, dass ich diesen Tag erleben darf, twitterte er. "Mugabe tritt zu meinen Lebzeiten zurück. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem Simbabwe, wie wir es wollen. Aber einfach wird es nicht."   

Zum zweiten Mal in 48 Stunden lagen sich Menschen aller Hautfarben, Generationen und politischer Lager in den Armen, feierte Simbabwe seinen ganz eigenen afrikanischen Frühling, ging die Ära Mugabe nach 37 Jahren nun doch endgültig zu Ende. Eine zunächst hoffnungsvolle, dann bleierne Zeit, die sich Mugabe mit mindestens drei manipulierten Wahlen erkauft hatte. Das Land erlebt diesen Augenblick über alle politischen Gräben hinweg als Dammbruch und unendliche Erleichterung.

Der Umstürzler

Aber schon morgen beginnt die Arbeit und mit ihr vielleicht auch die Katerstimmung. Der neue starke Mann, Emmerson Mnangagwa, langjähriger Weggenosse und Steigbügelhalter Mugabes hat den richtigen Instinkt bewiesen und die Wechselstimmung - vor allem in der eigenen Partei - genutzt. Von Mugabe als Vizepräsident gefeuert, ging er ins Exil. Gerade kam er aus China zurück, das als neue Weltmacht und größte Wirtschaftspartner in Simbabwe offenbar eine Schlüsselrolle spielt. Mnangagwa orchestrierte den sanften Putsch von außen, verlangte aber bis zuletzt Sicherheitsgarantien von Mugabe, um zurückzukehren. Ein vorsichtiger Umstürzler. Angeblich hat er seit Jahren auf den Machtwechsel hingearbeitet und mit zahllosen verprellten, geschassten und gedemütigten Mugabe-Feinden Bündnisgespräche geführt. Sogar mit weißen Farmern soll er schon gesprochen haben. 

Sein Kalkül dürfte sein, aus einer Position der Stärke heraus, mit dem Militär und der alten Zweidrittelmehrheit im Parlament im Rücken, die Regierungspartei ZANU-PF 2018 zu einem regulären Wahlsieg zu führen. Die Chancen stehen gut dafür, denn die Opposition ist beispiellos zersplittert. Egoismen und Uneinsichtigkeit führten zu mehreren Abspaltungen von der einst starken Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC), die 2008 die Wahl sogar schon gewonnen hatte.

Nicht der Mann von morgen

Der stille Mnangagwa, genannt das Krododil, aber ist ein Mann von gestern. Ein Guerilla-Kämpfer, Marxist und Geheimdienstmann. Er steht einem juntaähnlichen Militärzirkel vor, der Mugabe nach der verlorenen Wahl 2008 noch drängte, mit allen Mitteln im Amt zu bleiben. Es ist dieselbe Clique, die Anfang der 1980er Jahre mit nordkoreanischen Elitesoldaten Massaker an bis zu 20.000 renitenten Ndebele organisierte. Bis heute ist dieser Massenmord nicht aufgearbeitet, auch wenn viele Simbabwer bereit sind zu vergeben.  

Mnangagwa ist der Mann der Stunde, aber nicht der Mann von morgen. Umso wichtiger ist es, dass sich am Wochenende Hunderttausende Simbabwer auf die Straße wagten, und sich dabei nicht für einen Parteiaufmarsch der ZANU-PF missbrauchen  ließen. Sie zeigten, wie vielstimmig das Land ist. Und es darf bezweifelt werden, dass sie Mugabes Partei noch einmal eine Chance geben. Der 75-Jährige Mnangagwa, der Chefdirigent des Übergangs, ist ein Mann vom alten Schlag. Nur wenn es ihm gelingt, die ruinierte Wirtschaft zu beleben, kann er auf Unterstützung hoffen. Entpuppt er sich nur als Mugabe Light, dürfte ihn die revolutionäre Welle, die Simbabwe erfasst hat, bald ebenso hinwegspülen wie seinen verhassten Vorgänger. 

 

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Claus Stäcker Leiter der Afrika-Redaktionen mit geschärftem Blick auf Politik, Demografie, Generationenkonflikt@ClausStaecker