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Moskau lässt die Ukraine nicht los

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Bernd Johann
25. August 2016

Vor 25 Jahren erklärte die Ukraine ihre Unabhängigkeit. Die Sowjetunion war nicht mehr zu retten. Heute ringt Kiew abermals um seine Selbstbestimmung, meint Bernd Johann.

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Panzer auf Rotem Platz (Archivfoto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Mehrere Tage hielt Moskau im August 1991 die Welt in Atem. Panzer rollten in der russischen Hauptstadt. Putschisten wollten den reformorientierten sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow stürzen und die Macht im Land an sich reißen. Sie scheiterten und mit ihnen die Sowjetunion, das mit Gewalt errichtete Vielvölkerreich von Lemberg in der Ukraine im Westen bis nach Wladiwostok im Fernen Osten.

Die Sowjetunion war nach dem gescheiterten Putsch nicht mehr zu retten. Imperiales Denken und die entsprechenden hegemonialen Instrumente schienen aus dem Koffer der Politik in Moskau verschwunden. Doch das änderte sich schnell. Alle Nachfolgestaaten der Sowjetunion können davon ein Lied singen. Die Ukraine derzeit ganz besonders. Die Krim im Süden ist von Russland annektiert, der Donbass mit russischer Unterstützung von Separatisten besetzt. 25 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung ringt die Ukraine erneut mit Moskau.

Imperiale Hinterlassenschaften

Dort erinnerte man sich heute mit gemischten Gefühlen an den Putsch. Nur wenige Menschen kamen zu Kundgebungen, die auf die dramatischen Tage zurückblickten. Das Ende der Sowjetunion ist für viele Russen noch immer auch ein tragisches Ereignis, weil ihr Land seitdem kein Imperium mehr ist, das sich anmaßen könnte, andere Nationen im Namen einer Ideologie unter Kontrolle zu stellen.

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Bernd Johann leitet die ukrainische Redaktion der DW

Doch die Erinnerung an den Putsch ist für die Führung in Moskau vor allem aus einem anderen Grund unbequem. Im Sommer 1991 stellten sich tausende Russen mutig und auf demokratische Weise einer Clique von Geheimdienstoffizieren und Militärs entgegen, die heute noch immer das Sagen haben in Russland. Und nichts fürchten diese Leute mehr als demokratische Volksbewegungen, wie sie die Ukraine kennt.

Loslösung von Moskau

Der gescheiterte Putsch brachte den Sowjetrepubliken Freiheit. Unmittelbar danach, am 24. August 1991, erklärte das Parlament in Kiew die Unabhängigkeit der Ukraine. Weißrussland und andere Staaten folgten kurz darauf. Die baltischen Staaten, allen voran Litauen, aber auch Georgien waren zu diesem Zeitpunkt bereits in die Unabhängigkeit enteilt.

Formal ging die Loslösung Kiews von Moskau schnell. Doch lange schwankte die Ukraine, ob sie sich an Russland oder dem Westen orientieren sollte. Erst die andauernde politische und wirtschaftliche Einmischung, vor allem aber die militärische Intervention des Kreml 2014 hat die Ukraine endgültig weg von Moskau geführt.

Während in Weißrussland unter Präsident Alexander Lukaschenko bis heute politischer Stillstand herrscht, hat sich in der Ukraine in den vergangenen Jahren eine starke Zivilgesellschaft entwickelt. Diese drängt Präsident Petro Poroschenko und seine Regierung zu Reformen und zu einer Annäherung an Europa. Viele Fortschritte wurden seitdem erzielt. Doch noch immer ist die Korruption in der Ukraine existent. Auch die Oligarchen haben sich wieder eingerichtet. Justizreformen kommen nur langsam in Gang. Und auch das Wahlsystem ist ein Problem.

Konfliktlösung nicht in Sicht

Das größte Problem aber ist der Konflikt mit Russland. Denn auf lange Sicht kann er die Land immer weiter destabilisieren und vielleicht sogar existentiell gefährden. Politische Lösungen sind derzeit weder für die Krim noch im Donbass in Sicht. Weder die Regierungen in Moskau noch in Kiew haben alles unternommen, um die Minsker Friedenvereinbarungen umzusetzen. Russland sitzt dabei am längeren Hebel. Die Ukraine braucht deshalb mehr internationale Unterstützung.

Niemand sollte glauben, dass Russland auf absehbare Zeit beabsichtigt, seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen. Es will Kiew nicht loslassen. Dazu steckt die Idee des Imperiums noch immer zu fest in den Köpfen der Politiker im Kreml.

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