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Politik

Merkels Ende in Sicht

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Jens Thurau
5. Januar 2018

Die Deutschen haben das Sondieren satt. Angela Merkel, finden sie, soll jetzt schnell eine Regierung bilden. Aber der jüngste Deutschlandtrend macht auch klar: Die Ära Merkel neigt sich dem Ende zu, meint Jens Thurau.

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Belgien EU Gipfel in Brüssel
Bild: Reuters/P. Noble

Begeisterung sieht anders aus: Gut finden es nur noch 45 Prozent der Menschen, die das Meinungsforschungsinstitut Infratest-dimap zu Jahresbeginn befragt hat, wenn CDU, CSU und SPD sich jetzt noch mal aufraffen und weiter regieren sollten. Das sind dann doch wesentlich weniger als noch vor vier Jahren, und auch da gab es schon Kritik am Regieren der beiden großen Parteien in Deutschland. Dabei kommt Angela Merkel bei den Menschen noch vergleichsweise gut weg: Wenn 65 Prozent der Befragten sagen, die CDU-Chefin sei alles in allem eine gute Kanzlerin, dann ist das ein Wert, von dem viele Regierungschefs in parlamentarischen Demokratien weltweit, unter dem Druck von Turbo-Globalisierung und Nationalismus, nur träumen können.

Und stolze 70 Prozent meinen, die Kanzlerin stehe für die Stabilität in Deutschland. Das ist der überlebensgroße Kredit, von dem Merkel seit Jahren zehrt: Als forsche Reformerin, als Visionärin gar, haben die Menschen sie nie gesehen. Aber als Anker in der Unsicherheit, als Persönlichkeit, die in turbulenten Zeiten schlicht die Nerven behält. Das klingt nicht aufregend, beschreibt aber doch die Erwartungen: Wenig fürchten die Deutschen mehr als Unregierbarkeit.

Kanzlerin Merkel und GroKo weniger beliebt

Die Ära Merkel geht zu Ende

Aber gleichzeitig spüren die Menschen, dass die Ära Merkel zu Ende geht. Satte 75 Prozent sind für eine Erneuerung der CDU. Und 67 Prozent finden, Merkel habe die beste Zeit als Regierungschefin hinter sich. Und wenn knapp die Hälfte der Befragten sagen, man wisse nicht so genau, wofür die Kanzlerin eigentlich steht, dann wirft das auch ein Licht auf den Politikstil der Kanzlerin, der lange Jahre ihr Erfolgsrezept war: Wenn die Gesellschaft auseinander driftet, Zusammenhalt und Sicherheit schwinden, dann ist Merkels Taktik der ruhigen Hand, der Vermeidung strittiger Themen, immer weniger attraktiv. 45 Prozent der Menschen könne sich sogar mit der Idee anfreunden, dass Merkel die Macht schon innerhalb der nächsten vier Jahre an einen Nachfolger abgibt.

Minderheitsregierung? Lieber nicht

Nur noch eine Minderheit findet es also gut, wenn die Regierung noch einmal weitermacht. Und wenn das nicht klappt, dann sind die Menschen für Neuwahlen, mit einer klaren Mehrheit von 54 Prozent. Noch im Dezember konnten sich die Menschen in diesem Fall eher eine Minderheitsregierung vorstellen, aber das glauben sie nun nicht mehr. Ein klares Indiz, dass das Vertrauen auch in die ewige Kanzlerin schwindet. Die Große Koalition, das geht - noch einmal. Mehr nicht. Als Anführerin eines politischen Experiments mit einer Regierung ohne Mehrheit aber, die immer wieder aufwändig begründen muss, was sie plant und will und sich Mehrheiten suchen muss, als eine solche Anführerin können sich die Deutschen ihre Regierungschefin nicht mehr vorstellen. Sie selbst sich auch nicht, wie sie stets deutlich gemacht hat. Hier hat Merkel ein klares Gespür, was die Menschen ihr noch zutrauen und was nicht.

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DW-Hauptstadtkorrespondent Jens Thurau

Setzt euch hin und macht !

Was heißt das alles jetzt für die anstehenden Sondierungen und danach für die möglichen Verhandlungen? Es sollte jetzt schnell gehen, die Menschen sind die Sondierungen und das Taktieren, die endlosen Talkshow-Auftritte potenzieller Regierungspartner leid. Zusammenfassend ist die Botschaft des Deutschlandtrends im Januar die: Setzt euch hin, einigt euch, konzentriert euch auf das Wesentliche. Es scheint so, als würden CDU, CSU und SPD das so langsam begreifen. Ihre Sondierungen wollen sie jetzt schnell hinter sich bringen und dabei auf eitle Medienauftritte möglichst verzichten. Mal schauen, wie lange die guten Vorsätze halten. 

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