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Merkel, mach!

Kay-Alexander Scholz19. März 2015

Die Bundeskanzlerin hat im Bundestag das Thema Griechenland wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Das heißt nicht, dass es um nichts gehe. Aber ein neuer Tonfall in der Debatte war nötig, meint Kay-Alexander Scholz.

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Karneval 2015 Rosenmontag
Alexis Tsipras zielt auf den Zyklopen Angela Merkel - ein Motiv aus dem Düsseldorfer Karnevalszug 2015Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Seit Wochen kämpfen der deutsche und der griechische Finanzminister und mit ihnen die Medien-Öffentlichkeiten beider Länder so, als seien sie Feinde und nicht Teil einer Gemeinschaft. Der jüngste Eklat um einen tatsächlichen oder digital gefälschten Stinkefinger in einem Video zeigt noch einmal deutlich, dass in der Debatte das Niveau nicht mehr stimmte. Angela Merkel hat nun im Bundestag gegengesteuert. Sie hat kein zusätzliches Öl ins Feuer gegossen und stattdessen den Blick wieder auf das große Ganze gelenkt. Das war richtig und gut so.

Es steht viel auf dem Spiel

Die Bundeskanzlerin erinnerte zu Recht daran, dass es bei Griechenland um mehr geht. Die Welt messe Europa daran, wie Europa mit der Krise umgehe. "Die Welt schaut auf uns", sagte Merkel mit seltenem Pathos. Sie setzte die Worte "Vertragstreue", die sie weiterhin von Griechenland einfordert, neben die Worte "Kompromissbereitschaft" und "Verständnis". Und Merkel sprach von den Lehren der Vergangenheit aus Jahrhunderten der Feindschaft. Dass der Euro Ausdruck des gemeinsamen Willens der Vereinigung sei.

Natürlich mag Merkel mit diesem Tonfall ("Kraftakt") schon im Blick haben, dass es bald zu einem neuen Hilfspaket für Griechenland kommen wird und sie dazu die Zustimmung der Abgeordneten braucht. Eine aufgeheizte Stimmung wäre dem sicherlich nicht zuträglich. Aber es steht nun einmal viel auf dem Spiel, auch politisch.

Europas Landkarte könnte sich radikal ändern. Denn vielleicht ist die Rechts-Links-Regierung in Griechenland nur der Anfang. Spanien mit Podemos könnte folgen. Ein neuer Nationalismus droht sich auszubreiten: Mit Marine Le Pen an der Spitze Frankreichs würde Deutschland einen großen Verbündeten verlieren. Und der Verbleib von Großbritannien in der EU ist alles andere als sicher. Die Jugend in den Krisenstaaten Südeuropas wächst derzeit eher europakritisch, denn -euphorisch auf. Erste Kommentatoren in Deutschland sprechen schon vom Ende des Projekts Europa. Griechenland ist Ausdruck einer größeren Krise und könnte zum Brandbeschleuniger werden.

Kommentarfoto Kay-Alexander Scholz Hauptstadtstudio (Foto: DW)
Kay-Alexander Scholz, Korrespondent im DW-HauptstadtstudioBild: DW/S. Eichberg

Die Krise wird zur Chefsache

Merkel will neuen Anlauf nehmen, um die Krise wieder in den Griff zu bekommen. Dass es am Rande des EU-Gipfels zu einer inoffiziellen Griechenland-Runde kommen wird und dass Merkel Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras nach Berlin eingeladen hat, zeigt, dass sie das Thema jetzt selbst in die Hand nehmen will. Die erprobte Krisenkanzlerin wird das auf ihre gewohnt selbstbewusste und pragmatische Art managen. Das ist für Europa eine gute Nachricht.