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Kommentar: Mangelnder politischer Wille

Ute Schaeffer17. Juni 2006

Die zunehmende Wüstenbildung muss aufgehalten werden. Welche Maßnahmen hier seitens der Politik gefordert sind, lesen Sie in einem Kommentar von Ute Schaeffer zum Welttag der Bekämpfung von Wüstenausbreitung (17.6.).

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Zu wenig fruchtbares Ackerland und Wassermangel führen zu Armut und EntwurzelungBild: dpa

Nein, es ist kein reines Umweltthema - und es darf auch nicht als ein solches abgetan werden. Wüsten und Wüstenbildung weltweit bedrohen Lebensräume und gefährden die Existenz von Millionen von Menschen, sie schüren Konflikte und machen Menschen zu Flüchtlingen.

Vor mehr als zehn Jahren hat die Weltgemeinschaft dies schon erkannt. Damals unterschrieben 191 Staaten die Konvention gegen die Wüstenbildung und verpflichteten sich damit - zumindest auf dem Papier - zu entschlossenen Schritten zur Eindämmung und zu einem besseren Umgang mit den Wüsten der Welt. 2006 ist nun gar das von der UN ausgerufene "Internationale Jahr der Wüsten und der Wüstenausbreitung", und alljährlich gibt es am 17. Juni den "Welttag der Bekämpfung von Wüstenausbreitung und Dürre".

Die Sahara beginnt in Südeuropa

Grund genug, um das dramatische Fortschreiten von Versteppung und Austrocknung in Erinnerung zu bringen: 500.000 Hektar Land, eine Fläche doppelt so groß wie das Saarland, gehen weltweit jedes Jahr verloren, weil die Wüsten sich ausbreiten. Millionen von Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, weil der Boden ihre Familien nicht mehr ernähren kann. Ein Viertel der gesamten Erdoberfläche besteht aus Wüsten. Die größten Flächen liegen zwar in Afrika, Asien und Australien, doch ist die Wüste auch in Südeuropa längst angekommen. "Die Sahara beginnt gleich hinter den Pyrenäen" titelte eine spanische Zeitung schon vor Jahren.

Die Folgen sind verheerend - wirtschaftlich, sozial und politisch: In China gefährden die ökonomischen Folgen der Wüstenbildung den wirtschaftlichen Aufschwung, den das Land verzeichnet. In vielen Krisen der Welt spielt der Kampf um die knappen natürlichen Güter - fruchtbares Land und Wasser - eine entscheidende Rolle. Markantestes Beispiel ist der Sudan, in dessen Regionalkonflikten im Westen und im Süden auch das Fortschreiten der Wüsten viel Zündstoff liefert. Regierungen entwickelterer Staaten wie Ägypten wiederum versuchen, den Bevölkerungsdruck ihrer Länder durch große Besiedlungs- und Bewässerungsprojekte in die Wüste umzuleiten.

Politische Ignoranz

Der Klimawandel kann aus den Trockenregionen der Welt schnell biologisch tote Sand- und Steinzonen machen. Doch das Fortschreiten der Wüste geht vor allem auf menschliche Fehler zurück: Obwohl die Grundwasserreserven der Sahara und Sahelzone seit den 1970er Jahren um die Hälfte gesunken sind, werden bewässerungsintensive Formen der Landwirtschaft vorangetrieben und politisch gefördert. Die wiederkehrenden Hungersnöte in den Dürregebieten Kenias sind hausgemacht, da die Regierung darin versagt, die Getreidevorräte aus anderen Regionen des Landes in die Mangelregion zu bringen.

In Ressourcenstaaten wie Nigeria - wo die finanziellen Mittel vorhanden wären - verhindert politische Ignoranz, dass die Landwirtschaft an die schwierigen Umweltbedingungen angepasst und entschlossen modernisiert wird. Statt das Problem selbst in die Hand zu nehmen, verharren diese Staaten in bequemer Nehmer-Position und schielen auf die Geldtöpfe multi- und bilateraler Geber oder gutwilliger Nicht-Regierungsorganisationen. Mangelnder politischer Willen ist wohl die Hauptursache für das Fortschreiten der Wüste.

Das Problem ist einfach beschrieben: Die UN-Konvention gegen Wüstenbildung ist zwar richtig. Doch sie müsste weit konsequenter als bisher umgesetzt werden. Die Kräfte der Vereinten Nationen und der multilateralen Geber sollten hier besser aufeinander abgestimmt werden. Zugleich aber gilt es, auch die betroffenen Staaten weit stärker in die Verantwortung zu nehmen. Zu Recht erinnerte UN-Generalsekretär Kofi Annan schon 2004 daran, dass die Bekämpfung der Versteppung eine entscheidende Rolle spiele, wenn man die Milleniums-Entwicklungsziele wirklich erreichen wolle. Da hat Annan Recht. Getan aber wird immer noch viel zu wenig.