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Politik

Keine Gewinnoption für die USA

Martin Fritz, Journalist in Tokio
Martin Fritz
4. September 2017

Der Bombentest vom Sonntag zeigt deutlich: Die Nordkorea-Politik der USA ist völlig gescheitert. Alleine findet Washington nicht mehr aus der Sackgasse heraus, meint Martin Fritz aus Tokio.

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Nordkorea Kim Jong-Un
Bild: Reuters/KCNA

Die Explosion einer mutmaßlichen Wasserstoffbombe in Nordkorea ist ein bitterer Moment für die Vereinigten Staaten. Eine einzige solche Bombe kann eine komplette Großstadt wie New York auslöschen. Ebenso könnte die Explosion einer H-Bombe schon in der Atmosphäre über dem Silicon Valley durch ihren elektromagnetischen Impuls die Zentralen von Apple, Facebook und Google komplett lahmlegen. Und Nordkorea verfügt schon bald über die Mittel, diese Bombe sicher ins Ziel zu bringen.

Erfolglose Isolierung Nordkoreas

Die Strategie der USA, das Atom- und Raketenprogramm der Kims mit Hilfe von Sanktionen zu stoppen, ist also gescheitert. Die UN-Resolution 1718 mit den ersten Strafmaßnahmen, die der Sicherheitsrat nach dem ersten Atomtest von Nordkorea verhängte, liegt nun fast elf Jahre zurück. Dennoch ist es den Kim-Herrschern seitdem gelungen, die Fähigkeit zu einem nuklearen Erstschlag zu erreichen. Darauf waren die USA nie vorbereitet, wie ihre ratlosen Reaktionen jetzt zeigen.

Präsident Trump mag mit seinem Nuklearpotenzial drohen. Aber weder konventionelle noch atomare Militärschläge sind eine realistische Option. Dazu würden schon die Verbündeten Südkorea und Japan nein sagen, weil sie die ersten Opfer von nordkoreanischen Gegenschlägen wären. Setzt die US-Administration aber darauf, die Sanktionen weiter zu verschärfen und ihre Wirkung abzuwarten, erhielte Nordkorea noch mehr Zeit, seine Raketen zu perfektionieren.

Martin Fritz, Journalist in Tokio
Martin Fritz lebt als Journalist in TokioBild: Privat

Aber auch Gespräche wären zum Nachteil der USA. Nordkorea möchte einen Friedensvertrag aushandeln, eine Existenzgarantie bekommen und die Sanktionen loswerden. Doch anders als früher will die Kim-Diktatur dabei als Atomwaffenstaat anerkannt werden. Als Beispiel nennen seine Diplomaten Pakistan, das ja ebenfalls von den USA als Nuklearmacht akzeptiert wurde. Für Gespräche müssten die USA also ihre Forderung nach einem atomwaffenfreien Korea aufgeben. Vermutlich ließe sich eine Beschränkung des Arsenals verhandeln, mehr aber nicht. Doch das wäre für Südkorea und Japan kaum zu akzeptieren.

China und Russland mit eigenen Interessen

Auch die Doppelrolle von China frustriert das Trump-Team. Man ist darauf angewiesen, dass Peking die UN-Sanktionen unterstützt und umsetzt. Doch Präsident Xi Jinping verfolgt eigene Interessen. Erstens soll Nordkorea ein Pufferstaat bleiben. Ein Öl-Embargo gegen Nordkorea wird es daher mit China nicht geben. Zweitens wollen die Chinesen den Einfluss der USA in Ostasien schwächen. Dafür ist das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm recht nützlich, weil es Zwietracht in die US-Allianzen mit Japan und Südkorea sät - siehe oben.

Auch Russland ist keineswegs ein neutraler Spieler. Die Annahme, dass Wladimir Putin Nordkorea als Vehikel benutzt, um die USA zu demütigen, ist nicht allzu weit hergeholt. Die schnellen Fortschritte in Nordkoreas Raketentechnik sind jedenfalls verdächtig, auch wenn die Beweise für russische Hilfe bisher fehlen. Doch durch die veränderte Ausgangslage wird Russland zu einem wichtigen Spieler im Fernen Osten. Dazu passt das russische Plädoyer gegen Sanktionen und für Gespräche.

Trump - ein tweetender Papiertiger

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Egal ob man mit Nordkorea verhandelt oder nicht - die USA sind erst einmal der Verlierer auf der koreanischen Halbinsel. George W. Bush und Barack Obama haben Machiavelli weniger gut studiert als Kim Jong-il und sein Sohn Kim Jong-un. Und Trump entlarvt sich mit jedem Tweet gegen Nordkorea als Papiertiger, weil es derzeit keine Gewinnoption für die Amerikaner gibt.

Vielleicht sollte sich Washington einen neutralen Vermittler suchen, zum Beispiel Schweden oder Deutschland - beide sind mit einer Botschaft in Pjöngjang vertreten - und hinter den Kulissen eine mögliche Grundlage für Verhandlungen auszuloten. Allerdings setzt dieser Schritt die Einsicht in Washington voraus, dass man vorerst am kürzeren Hebel sitzt.

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