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'Kommentar: Kein Aufschub für den Klimaschutz

Irene Quaile3. November 2014

Mit dem Bericht über den Zustand des Weltklimas drückt der Weltklimarat aufs Tempo. Mit der Abkehr von Öl und Kohle muss endlich ernst gemacht werden, meint DW-Klimakorrespondentin Irene Quaile.

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Windräder bei Frankfurt/Oder (Foto: Patrick Pleul/ZB ).
Bild: picture-alliance/dpa

Selten wurde so sehr gefeilscht, um die Details eines Berichts, der nichts wesentlich Neues enthielt. Auf die Formulierung kam es an. Auf die Schärfe und Dringlichkeit, mit denen das Wissen über die Ursachen und die Auswirkungen der globalen Erwärmung in konkrete Handlungsnotwendigkeiten übersetzt werden sollte. Und das in einem knappen Dokument, das den Regierungen der Welt beim Aushandeln eines neuen Weltklimavertrags als Entscheidungsgrundlage dienen sollte.

Der Klimawandel gefährdet Mensch und Umwelt

Diese Zusammenfassung unseres geballten Wissens über den Klimawandel lässt keinen Zweifel daran, dass die Erderwärmung stattfindet, dass sie von Menschen verursacht wird, dass sie bereits jetzt gefährliche Konsequenzen hat und dass der Trend des globalen Temperaturanstiegs möglicherweise unumkehrbar ist. Von "ernsten, tiefgreifenden und unumkehrbaren Folgen für die Menschen und Ökosysteme" ist im IPCC-Bericht die Rede.

DW-Klimakorrespondentin Irene Quaile (Foto: DW).
DW-Klimakorrespondentin Irene QuaileBild: DW

Trotzdem versuchten Länder, die sehr großen Reserven an Öl haben, die klaren Aussagen des Berichts abzumildern. Und eben das zeigt das Hauptproblem auf: Die fortwährende Abhängigkeit von Öl und Kohle - und die Macht der Öl- und Kohle-Wirtschaft.

Energiewende längst überfällig

Das Ziel ist klar. Zumindest steht das so im Bericht der Weltklimarats: Die Wissenschaftler haben errechnet, wie viel CO2 wir maximal in die Erdatmosphäre hineinpusten dürfen, um einen gefährlichen Anstieg der Erdtemperatur zu vermeiden. Wir haben bereits zwei Drittel dieses CO2-Budgets aufgebraucht, heißt es da. Eigentlich müsste unser Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 seinen Höhepunkt erreichen, wenn der Klimawandel im halbwegs verträglichen Rahmen gehalten werden soll. Das ist äußerst unwahrscheinlich.

Bis 2050 muss dann der Hauptanteil des weltweiten Strombedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Davon sind wir noch weit entfernt. Bis 2100 muss der Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft so gut wie vollzogen sein - es sei denn, es gäbe wesentliche Fortschritte bei Technologien zur CO2-Speicherung.

Schwierige Wortfindung

Allein das Gerangel um die Wortwahl des IPCC-Dokuments zeigt, dass dieser Weg kein einfacher sein wird. Einige Länder müssen ihre Geschäftsmodelle vollkommen verändern. Denn die Golfstaaten - aber auch Länder wie Russland - erzielen ihr Einkommen aus dem Verkauf fossiler Brennstoffe. Öl und Kohle müssen aber in der Erde bleiben.

Andere Länder sind abhängig von fossiler Energie und damit von den Ländern, die die Vorkommen besitzen und kontrollieren. Der Fall Ukraine zeigt die Gefahren einer solchen Abhängigkeit.

Der Ausbau von erneuerbaren Energien dient sowohl der energetischen als auch der politischen Unabhängigkeit.

Klimaschutz zahlt sich aus

Das Argument der Kosten hat längst ausgedient. Auch hier beziehen die Experten des Weltklimarats jetzt eindeutig Position. Der Umbau unserer Energieversorgung ist die günstigste Lösung. Je länger wir warten, desto höher die Kosten. Investitionen in CO2-arme Stromversorgung und Energieeffizienz müssen bereits bis 2030 um mehrere hundert Milliarden Dollar steigen. Das wird sich aber bezahlt machen.

Weiter zu machen wie bisher, ist keine vernünftige Option, weil das zu einem Temperaturanstieg von mindestens vier Grad Celsius führt. Extremwetter, Dürren, Überflutungen mit Flüchtlingswellen und Konfliktpotenzial wären die Folgen.

Es muss etwas passieren

Die Länder der Welt müssen ein neues Klimaabkommen verabschieden, das den Energieumbau und die Einhaltung der Klimaziele garantiert. Dafür müssen jetzt vor allem in den Industrieländern die Weichen gestellt werden. Gleichzeitig müssen einflussreiche Gruppen - etwa die G20 - den Klimawandel als politisches und wirtschaftliches Schlüsselthema annehmen und auch in diesem Rahmen die Abkehr von der fossilen Energie vorantreiben. Das nächste Treffen in diesem Monat im Kohleland Australien wäre ein optimaler Anlass.

Das Weltklima kann nicht nur auf der Ebene der UN-Verhandlungen gerettet werden. Der erforderliche Umbau unserer Energieversorgung gehört längst auf die Hauptagenda - zu Hause und auf allen internationalen Gipfeln. Das schulden wir der Erde und kommenden Generationen.