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Polen nach der Wahl

Hubert Wohlan22. Oktober 2007

Polen hat gewählt und die bestehende Regierung abgestraft. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die politische Landschaft vom Politikstil der alten Regierung erholt hat, meint Hubert Wohlan.

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Bild: DW

Es waren die wichtigsten Parlamentswahlen der letzten 18 Jahre; also seit dem Fall des Kommunismus in Polen. So sahen es auch die Wähler, denn die Wahlbeteiligung lag über 50 Prozent - zum ersten Mal seit 14 Jahren. Das Wahlergebnis sieht nach einer harten Bestrafung der Partei "Recht und Gerechtigkeit" der Gebrüder Kaczynski aus. Die Wähler bestraften sie für die Vergiftung des politischen Lebens in Polen, für die Atmosphäre der

Verdächtigungen und die aggressive Sprache der Politik.

Die Wahl hat die Bürgerplattform, die Platforma Obywatelska, gewonnen, eine Partei, deren politische Heimat der wirtschaftliche Liberalismus ist. Sie gewann, weil sie verstanden hat, dass mit der Ideologie und Sprache der Kaczyninskis die Mehrheit in Polen nicht zu erobern war. Sie hat gelernt, den Wähler dort abzuholen, wo er gerade steht; sie hat Wahlgeschenke versprochen, ist auf der patriotisch-konservativen Welle geschwommen und sie hat den Wirtschaftsliberalismus in der Rumpellkammer versteckt.

Der Populismus wird nicht verschwinden

Vieles spricht dafür, dass das polnische Parlament mit weniger Populismus wird leben können. Die Fünf-Prozent-Hürde haben zwei Parteien verfehlt, die bis vor kurzem noch in der Regierungskoalition waren: die ultrakatholische "Liga der Polnischen Familien" und die radikalen Bauern der Partei "Selbstverteidigung". Beide sind Auswüchse der polnischen politischen Folklore. Deren Abstrafung durch die Wähler lässt hoffen, dass die Gesundung der politischen Landschaft in Polen nur noch eine Frage der Zeit ist. Der Populismus wird allerdings aus dem Parlament nicht verschwinden. Dafür werden der geschasste Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski und seine Mannschaft schon sorgen.

Wie geht es weiter? In welche Richtung wird Polen nach diesen Wahlen gehen? Auf der europäischen Ebene werden die Wahlgewinner wohl nicht anders agieren als deren Vorgänger. Die Standards in der polnischen Außenpolitik haben die Kaczynski-Brüder gesetzt, und die werden wohl fortgesetzt. Es wird aber keine anti-europäische Politik geben. Dies ist ohnehin nicht möglich in einer Situation, in der einige Millionen Polen im europäischen Ausland arbeiten, zwei Drittel des gesamten Exports in die EU geht und jede zweite größere Investition in Polen von den Brüsseler Subventionen abhängig ist.

Gesundheits- und Rentenreform stehen an

Die wahren Herausforderungen erwarten den Sieger auf der heimischen Bühne und nicht in der Außenpolitik. Die Regierung werden wohl die Bürgerpattform und die liberal-konservative Bauernpartei bilden. Beide müssen das Gesundheitswesen reformieren und das marode Rentensystem erneut reparieren. Im Wahlkampf hat man darüber sehr wenig gehört.

Es gibt gute Chancen für eine Besserung des deutsch-polnischen Verhältnisses. Die Kaczynski-Partei hat den Dialog mit der deutschen Politik vernachlässigt, sie hat sich ihm oft sogar verweigert. Auch das wird sich mit der neuen Regierung wohl ändern.