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Politik

Trumps Angriff auf Mays Brexit-Pläne

Deutsche Welle-Redakteur Mark Hallam (Foto: DW)
Mark Hallam
13. Juli 2018

Inzwischen distanziert sich Donald Trump von seinem eigenen Interview mit "The Sun". Doch wer genau hinsieht, erkennt eine bestens abgestimmte Strategie mit den schärfsten Befürwortern des Brexit, meint Mark Hallam.

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Großbritannien Donald Trump bei der Ankunft in Chequers
Bild: Getty Images/J. Taylor

Der Donnerstagabend auf BBC1 ist Pflichtprogramm für Politik-Junkies in Großbritannien. Nach den Abendnachrichten läuft dort zuerst die Talkshow "Question Time" mit dem Urgestein David Dimbleby, die wohl am Ehesten mit dem deutschen Anne-Will-Talk zu vergleichen ist. Anschließend kommt das Nachrichtenmagazin "This Week". Beide Sendungen zusammen sind der politische Höhepunkt der britischen Fernsehwoche.

In dieser Woche wurden die Briten Zeugen, wie einige von Donald Trumps engsten Verbündeten in Großbritannien in den Ring stiegen. Zum selben Zeitpunkt veröffentlichte die meistverkaufte Boulevardzeitung "The Sun" ein Interview, in dem Trump wild gegen Premierministerin Theresa Mays Brexit-Pläne schoss. Ihr Plan war schon vorher keineswegs "strong and stable" (kaum zu glauben, dass May vor gut einem Jahr mit diesem Slogan in eine Wahl ging, in der sie eine "starke und stabile" Mehrheit hinter sich versammeln wollte) - in seinem Sun-Interview hat Trump ihn in Benzin getränkt und angezündet.

Der Mann, der Trump gar nicht treffen muss

Vergessen wir die Konservativen Boris Johnson und David Davis: Der wahre Mann hinter dem Brexit ist der frühere und womöglich auch wieder zukünftige UKIP-Anführer Nigel Farage. Er hat sich bereits an der Seite Trumps im US-Präsidentschaftswahlkampf gezeigt, als Politiker wie Boris Johnson diesen Kandidaten noch "eindeutig verrückt" nannten.

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DW-Redakteur Mark Hallam

In den Tagen vor dem Besuch des US-Präsidenten hatte Nigel Farage überall erzählt, dass die Konservativen vor Trumps Besuch eine klare rote Linie ausgehandelt hätten: Auf keinen Fall dürfe Trump mit ihm zusammentreffen. Die Regierung hat diese Behauptung nicht zurückgewiesen, und tatsächlich wurde auch keine Begegnung vereinbart. Doch Farage und Trump brauchten sich gar nicht zu treffen: Die koordinierte Medienoffensive war viel wirkungsvoller.

Drei Löwen jagen Theresa May

Drei von einem harten Brexit besessene Löwen gingen medial auf Theresa May los - keine 24 Stunden, nachdem die Three Lions das WM-Halbfinale gegen Kroatien verloren haben. Der Anführer des Rudels, Donald Trump, attackierte von der Titelseite der auflagenstärksten Boulevardzeitung "The Sun".

Trump riss Mays Brexit-Pläne in Stücke und übernahm dabei alle wesentlichen Argumente von Farage: Der von ihr ausgehandelte Deal "ist nicht der Deal, für den die Menschen gestimmt haben". Er zerstöre die Aussicht auf ein Handelsabkommen mit den USA, und er ignoriere die Sorgen der Bürger wegen angeblicher "kultureller Entwicklungen" - gemeint ist die Einwanderungspolitik der EU. Rupert Murdoch, dem neben der Sun auch "Fox News" gehört, bekam genau die provokativen Aussagen, die in seiner Pro-Brexit-Zeitung Schlagzeilen machen. Sogar die Reporter waren überrascht, wie weit der Präsident ging.

Für alle, die die Sun nicht lesen, wiederholten am selben Abend zwei gestandene Brexit-Befürworter aus Trumps Populisten-Club, Nigel Farage und der frühere The-Apprentice-Gewinner Piers Morgan, im Programm der BBC vergleichbare Botschaften.

Zufälle über Zufälle

Morgan war bei der Talkshow "Question Time" zu Gast, wo er über die Proteste gegen Trumps Besuch klagte. Er erklärte, wie wenig zufriedenstellend Theresa Mays am Donnerstag vorgestellter Brexit-Plan sei und wie dringend Großbritannien einen Premierminister aus dem Brexit-Lager brauche. Vielleicht war es Zufall, dass Trump in der Sun erklärte, dass Boris Johnson aus seiner Sicht einen großartigen Premierminister abgeben würde. Vielleicht.

Anschließend tauchte Farage als Ehrengast bei "This Week" auf. Er erklärte den Zuschauern, welche Erfolge Trump in seinen ersten 18 Monaten im Amt erreicht habe, und dass es bemerkenswert sei, wie gut die neue italienische Regierung mit dem Weißen Haus zurechtkomme. Großbritannien hingegen verpasse die Gelegenheit, seinen Platz in der neuen Weltordnung zu finden. "This Week" wird ebenfalls von einer Koryphäe des britischen Journalismus moderiert: Andrew Neil, dem Vorstand der Firma, die auch den "Daily Telegraph" und den "Spectator" besitzt. Der "Spectator" unterstützte den Brexit, und wurde einst von einem ehrgeizigen jungen Journalisten namens Boris Johnson geleitet. Auch der "Daily Telegraph" hat den Brexit unterstützt, und beschäftigte einst den ehrgeizigen, noch jüngeren Boris Johnson als einen Misstöne verbreitenden Korrespondenten in Brüssel. Aber auch das ist vielleicht nur ein Zufall...

Und was macht Trump als nächstes?

Trotz der Machtfülle des amerikanischen Präsidentenamts wissen wir, dass auch Donald Trump nur einen begrenzten Einfluss auf den Koloss USA hat: Er kann zwar über die NATO schimpfen, vielleicht einige Kurskorrekturen erzwingen, aber er wird niemals austreten. Als politischer Neuling und erfahrener Selbstdarsteller bringt er jedoch meisterhaft jedes Gramm an Einfluss, das er hat, zur Geltung. Und seine Angriffe sind zielgerichtet und treffsicher. Die bereits verwundete Theresa May muss sich nun auch noch seiner Schüsse erwehren.

Lange habe ich die BBC gegen Vorwürfe in Schutz genommen, sie berichte eindeutig Pro-Brexit. Aber nach dieser Woche kommen bei mir Fragen auf.

Und nun fährt Trump als nächstes nach Helsinki, um Wladimir Putin zu treffen - nur Monate, nachdem Russland womöglich die Skripals in der englischen Stadt Salisbury vergiftetet hat.

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