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Politik

Vision oder Luftschloss?

Kommentarbild Ludger Schadomsky
Ludger Schadomsky
24. März 2018

Mit der panafrikanischen Freihandelszone soll der größte staatenübergreifende Binnenmarkt der Welt entstehen. Doch die prinzipiell gute Idee hat noch einige Hürden zu überwinden, meint Ludger Schadomsky.

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Ruanda Kigali Unterzeichnung Afrikanisches Freihandelsabkommen
Bild: Getty Images/AFP/STR

Lange war gerätselt worden, wie viele Staats- und Regierungschefs die Gründungsakte der Freihandelszone CFTA tatsächlich unterzeichnen würden. Am Ende waren es 44 von 55 - nominell keine schlechte Quote. Wie überhaupt ein grenzenloser afrikanischer Binnenmarkt mit 1,2 Milliarden Kunden und einem Gesamt-Bruttoinlandsprodukt von zwei Billionen Euro auf den ersten Blick keine schlechte Idee ist.

Derzeit zahlen afrikanische Unternehmen mehr Zölle, wenn sie ins Nachbarland exportieren als im Handel mit Europa. Und mit nur 16 Prozent hat Afrika das niedrigste innerkontinentale Handelsvolumen aller Wirtschaftsregionen der Welt. Zum Vergleich: In Europa liegt dieser Wert bei 70 Prozent.

Das Vorbild taugt nichts

2015 wurde nach jahrelangen Verhandlungen in Ägypten die sogenannte Tripartite Free Trade Area (TFTA) zwischen den drei großen regionalen Wirtschaftsblöcken ins Leben gerufen: Dem Gemeinsamen Markt für das Östliche und Südliche Afrika (COMESA), der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) und der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC). Drei Jahre später fällt die Bilanz jedoch mau aus: Nur zwei (!) der mehr als 20 Gründungsmitglieder haben das Abkommen auch auf nationaler Ebene ratifiziert - erst mit 14 Ratifizierungen tritt es aber in Kraft.

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Ludger Schadomsky leitet die Amharische Redaktion

Prinzipiell marschiert die oft als zahnloser Löwe geschmähte Afrikanische Union (AU) ja in die richtige Richtung: freier Verkehr von Waren und Bürgern und Visafreiheit statt Protektionismus. Noch immer bekommen Amerikaner einfacher ein visa-on-arrival, also ein Visum direkt bei Einreise am Flughafen in Afrika, als viele afrikanische Bürger. Das muss sich schleunigst ändern, wenn das erhebliche Handelspotenzial des Kontinents auch nur ansatzweise ausgeschöpft werden soll.

Zuletzt wurde auf dem AU-Gipfel in Addis Abeba nach Jahrzehnten der Verhandlungen deshalb ein gemeinsamer afrikanischer Luftraum vereinbart und damit eines der ganz frühen Ziele der schon 1963 gegründeten Union in die Tat umgesetzt. Auch der gemeinsame afrikanische Pass ist bereits im Umlauf.

Regionale Integration first

Doch sollte sich die AU gleichzeitig vor allzu großen Sprüngen hüten und zunächst die regionale Integration der afrikanischen Wirtschaftsblöcke vorantreiben - denn die funktioniert noch immer eher schlecht als recht. Dies war denn auch die Begründung der Südafrikaner und Nigerianer, also ausgerechnet der beiden stärksten Volkswirtschaften des Kontinents, das CFTA-Abkommen in Kigali zunächst nicht zu unterzeichnen. "Wir werden kein Dokument unterschreiben, das lokale Produzenten und Unternehmer schwächt", legte Nigerias Präsident auf Twitter sein Veto ein - er war erst gar nicht nach Kigali gereist. Auch Afrikas Musterland Botswana unterzeichnete nicht.

Über nationale Egoismen hinaus gibt es ganz praktische Einwände: Zwar ist der Kontinent groß, viele der einzelnen Volkswirtschaften sind jedoch eher klein und dementsprechend schwach. Die vielerorts fehlende oder marode Infrastruktur, wuchernde Bürokratie, tagelange Abfertigungsschlangen an Häfen und Grenzen - dies alles steht einer größeren binnenafrikanischen Verflechtung im Weg. Nicht wenige Regierungen bevorzugen deshalb asiatische Handelspartner gegenüber erratischen Nachbarn.

Die afrikanische Freihandelszone ist ein zentraler Pfeiler der Vision 2063, wenn nämlich die Kontinentalunion 100 Jahre alt wird. Bis dahin bleibt also noch ein bisschen Zeit, beim Juli-Gipfel der AU in Mauretanien sollen nun zunächst die Nachzügler zur Unterschrift animiert werden. Ohnehin tritt das CFTA nur in Kraft, wenn die nationalen Parlamente zugestimmt haben. Und da liegt, das zeigen viele vollmundige Absichtserklärungen und Abkommen der Vergangenheit, der Hund (beziehungsweise der Löwe) begraben. 

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