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Ein guter Tag für die Steuerzahler

29. März 2019

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass Fußballvereine grundsätzlich an den Polizeikosten bei sogenannten "Hochrisikospielen" beteiligt werden können. Richtig so, meint Volker Witting.

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Bundesliga Werder Bremen vs 1. Hamburger SV
Streitfall Risikospiel Werder Bremen gegen Hamburger SV im Jahr 2015Bild: imago/nph

Okay, ich gebe zu, Fußball interessiert mich nicht! Ich weiß nicht, wer in der Bundesliga-Tabelle wo steht, welcher Verein die besten Chancen auf die Meisterschaft hat.

Mir ist natürlich klar, dass Millionen Menschen vor den Fernsehern fiebern und sich in den Stadien der Republik mitreißen lassen, wenn "ihr" Verein spielt, dass Fußball eine große gesellschaftliche Bedeutung hat, identitätsstiftend ist. Ich will gewiss niemandem das Vergnügen am Fußballsport vergrätzen.

Milliardengeschäft Kicken

Verstanden habe ich aber auch, dass Fußball ein Milliardengeschäft ist, bei dem Vereine (manche sogar börsennotiert) und Verbände dicke Gewinne machen. Und deshalb finde ich, dass sie für die Sicherheit bei sogenannten Risiko- oder Kampfspielen auch zahlen sollten. Dem Steuerzahler - egal ob fußballbegeistert (nur 14 Prozent übrigens) oder nicht - dürfen diese Kosten nicht aufgebürdet werden.

Witting Volker Kommentarbild App
DW-Hauptstadtkorrespondent Volker Witting

Das sieht auch Richter Wolfgang Bier vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig so. Er hält es grundsätzlich für richtig und zulässig, dass Fußballvereine bei sogenannten "Hochrisikospielen" mit besonders gewaltbereiten Fans zur Kasse gebeten werden. Er hat den konkreten Streitfall zwischen der Hansestadt Bremen und der Deutschen Fußball Liga nur deshalb an das Oberverwaltungsgericht in Bremen zurückverwiesen, weil es bei Details der Streitsumme von 415.000 Euro noch Klärungsbedarf gibt.

Ihren Kopf hinhalten müssen Polizeibeamte, die immer wieder Opfer von gewalttätigen Fußballfans werden. Allein im Bereich des Profifußballs kommen weit über eine Million Einsatzstunden für die Beamten von Bund und Ländern zusammen. Das kostet Jahr für Jahr geschätzte 150 Millionen Euro.

Eine Menge Geld eigentlich. Aber nicht im Fußball. Da lese ich Mitte dieser Woche, dass der FC Bayern einen neuen Spieler (Verteidiger Lucas Hernández) "einkauft" - für die nie dagewesene Rekordsumme von 80 Millionen Euro!

Wer solche Unsummen für Neubesetzungen ausgeben kann, sollte sich nicht um die Verantwortung für die Allgemeinheit drücken und auch einen Obolus für eine - offenbar leider notwendige - Aufgabe zahlen! Es geht ja - wie gesagt - nur um sogenannte "Risikospiele". Also um vielleicht 20 bis 30 Millionen Euro pro Saison. Das kann die Deutsche Fußball Liga (DFL) aus der Portokasse zahlen!

Vereine müssen ihre Fans im Zaum halten

Für Sicherheit der Bürger zu sorgen, ist eine der Kernaufgaben des Staates. Auch Demonstrationen als demokratische Meinungsäußerung sind davon gedeckt. Die Sicherheit bei Karnevalszügen, Kirchentagen oder anderen öffentlichen Veranstaltungen ebenso, bei denen es erwartungsgemäß nicht zu Gewalt kommt. Bei diesen Veranstaltungen geht es darüber hinaus nicht um Kommerz. Anders als beim Fußball.

Außerdem ist da etwas fatal aus dem Ruder gelaufen, wenn sich Fußballfans am liebsten schon bei der Anreise zu den Spielen die Köpfe einschlagen würden, wenn nicht Hundertschaften von Polizisten sie eben daran hinderten. Die Vereine und mächtigen Fußballverbände müssen endlich mehr dafür tun, dass die mehr als 10.000 gewaltbereiten Fans im Zaum gehalten werden. Und zwar schon vor der Anreise. Am besten mit guten Fanprojekten, die auf Deeskalation setzen.

Der Allgemeinheit, dem Steuerzahler, erscheint es deshalb ganz logisch, dass die Vereine in der Zukunft zur Kasse gebeten werden. In anderen europäischen Ländern gelten längst entsprechende Gesetze. In Deutschland wird das nach Ende des juristischen Hin- und Her wohl auch so kommen. Nach einer Umfrage vom März halten 90 Prozent der Deutschen eine Weiterleitung der Mehrkosten an die Klubs und Verbände für generell richtig. Ich auch.

Volker Witting
Volker Witting Politischer Korrespondent für DW-TV und Online