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Kommentar: Denkzettel für Saakaschwili

10. Januar 2008

Micheil Saakaschwili hat die Präsidentschaftswahl in Georgien für sich entschieden. Die OSZE-Wahlbeobachter sprechen von einer sauberen Wahl. Uneingeschränkt freuen darf er sich darüber nicht, meint Cornelia Rabitz.

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Bild: DW

Micheil Saakaschwilis Rechnung ist aufgegangen - vorerst. Er hat die vorgezogene Präsidentenwahl für sich entscheiden können, eine Mehrheit der georgischen Wähler ist ihm gefolgt und hat ihn im Amt bestätigt. Die OSZE-Wahlbeobachter haben der Wahl zudem ihr Gütesiegel aufgedrückt und den Urnengang als rechtsgültig bezeichnet.

Dennoch sollten sich Saakaschwili und seine Getreuen nicht zu früh freuen. Es ist unübersehbar, dass die Wählerschaft dem einstigen Helden der "Rosenrevolution", der vor vier Jahren noch mit mehr als neunzig Prozent gewählt worden ist, einen Denkzettel verpasst hat. Viele haben in ihm ohnehin nur das kleinere Übel gesehen. Andere sind gar nicht erst zur Wahl gegangen.

Saakaschwilis Image als mutiger, demokratischer Reformer ist und bleibt angekratzt. Schon lange wird sein autoritärer Politikstil kritisiert, hält man ihm Vetternwirtschaft, politische Intransparenz und eine gewachsene Spaltung der georgischen Gesellschaft in Arm und Reich vor. Nun kommt es darauf an, welche Schlüsse der Präsident aus dem Wahlergebnis zieht.

Lebendige Opposition

Die georgische Opposition - zwar gespalten und ohne eine integrative oder gar charismatische Führungsfigur - hat dagegen in den letzten Wochen gezeigt, wie lebendig sie ist. Sie wird sich nicht einfach zum Schweigen bringen lassen. Sie hatte allen Grund, an der Fairness des Wahlkampfs zu zweifeln: Die Kampagne war extrem kurz, die staatlichen Medien gaben oppositionellen Positionen keinen Raum. Und zudem hatte Saakaschwili noch im November nach Protesten den Ausnahmezustand ausgerufen. Polizeikräfte waren massiv gegen Demonstranten vorgegangen, ein unabhängiger Fernsehsender wurde bei laufender Sendung von Polizisten gestürmt. Dies alles sorgte für hässliche Bilder, die auch in der übrigen Welt nicht unbemerkt blieben.

Künftig wird Saakaschwili also daran gemessen werden, wie er mit kritischen Stimmen umgeht und ob er seinen Landsleuten tatsächlich mehr zu bieten hat als nationalistische Rhetorik.

Mehrheit für NATO-Beitritt

Georgien ist, soviel lässt sich jetzt feststellen, noch weit davon entfernt, ein demokratischer Rechtsstaat mit einer entwickelten politischen Kultur zu sein. Verbündete Staaten sollten die Lage dort weiter sehr kritisch beobachten. Das Land braucht gleichwohl weiter die Unterstützung des Westens. Wie sehr sich die Menschen danach sehnen, in dessen Institutionen eingebunden zu werden, hat ein anderes Ergebnis des Sonntags (6.1.) gezeigt: Eine große Mehrheit hat sich für den NATO-Beitritt Georgiens ausgesprochen.

Unterm Strich hinterlässt die vorgezogene Wahl eher einen geschwächten denn einen gestärkten Präsidenten. Georgien geht unruhigen Zeiten entgegen.

Cornelia Rabitz, DW-Russisch