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Kommentar: Annäherung, aber kein Neustart

8. Juli 2009

US-Präsident Obama wollte mit seinem ersten Moskau-Besuch einen Neustart in den russisch-amerikanischen Beziehungen einleiten. Die Ergebnisse stimmen hoffnungsvoll, aber mehr auch nicht, meint Ingo Mannteufel.

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Ingo Mannteufel
Ingo Mannteufel

Der erste Besuch von US-Präsident Barack Obama in Moskau war für ihn, aber auch für seine Gastgeber - den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew und den übermächtigen Ministerpräsidenten Wladimir Putin - sichtlich keine leichte und angenehme Aufgabe. Vorbehalte, Skepsis und Misstrauen waren und sind auf beiden Seiten recht groß.

Das ist keine Überraschung: In der Amtszeit von US-Präsident George W. Bush haben die russisch-amerikanischen Beziehungen eine beachtliche Verschlechterung erfahren, so dass bereits vielfach von einem neuen "Kalten Krieg" zwischen den USA und Russland gesprochen wurde. Es ist der Verdienst von US-Präsident Obama, an dieser Situation etwas ändern zu wollen. Doch sein erster Besuch in Moskau dürfte ihm klar gemacht haben, wie schwierig ein Neustart der russisch-amerikanischen Beziehungen ist, zumal wenn er - zumindest bislang - nicht bereit ist, an wesentlichen Positionen der bisherigen US-Außenpolitik zu rütteln.

Fortbestehende Differenzen

Die Einigung mit Präsident Medwedew auf einen Fahrplan zur weiteren Abrüstung des strategischen Nuklearwaffenarsenals und die von Russland genehmigten Überflugrechte für US-amerikanische Militärtransporte nach Afghanistan sind Zeichen für eine sinnvolle Kooperation zwischen den beiden Mächten. Einen Neustart in den Beziehungen zwischen Moskau und Washington bedeuten sie aber noch lange nicht. Dafür sind die Differenzen zwischen den USA und Russland nach wie vor nicht nur zahlreich, sondern tiefgreifend: das US-Raketenschild in Europa, ein NATO-Beitritt der Ukraine und Georgiens, die Iranpolitik, die bestehenden Demokratiedefizite in Russland und vieles mehr.

Bei seinem Besuch in Moskau ist Obama zwar in seiner ihm eigenen Art freundlich und konziliant aufgetreten. Doch ist es fraglich, ob er damit in der regierenden Kreml-Elite um Präsident Medwedew und Ministerpräsident Putin oder auch in der Bevölkerung Misstrauen gegenüber den USA verringern konnte. Um das zu erreichen, müsste er weitergehende Zugeständnisse an die russischen Positionen machen, also stärker auf das Bedrohungsgefühl durch das US-Raketenschild in Ostmitteleuropa eingehen oder sich eindeutiger gegen einen NATO-Beitritt der Ukraine und Georgiens aussprechen.

Das will oder kann Obama aber gegenwärtig nicht tun, auch wenn er bei seinem Besuch in Moskau davon gesprochen hat, verstärkt die russischen Interessen zu berücksichtigen. Die skeptische und misstrauische russische Führung erwartet aber sicherlich hier mehr als nur warme Worte und wird darauf pochen, dass auch Taten folgen. Andernfalls werden Medwedew und Putin ihre bisherige außenpolitische Linie fortsetzen.

Obamas Russlandpolitik weiterhin unklar

Mit seinem ersten Besuch in Moskau hat Obama gezeigt, dass er auf Russland stärker als sein Vorgänger Bush zugehen will, aber die Konturen seiner künftigen Russlandpolitik hat er noch nicht offengelegt. Seine Minimalziele hat er erreicht: eine Einigung auf nukleare Abrüstung, eine begrenzte russische Unterstützung für den Afghanistan-Einsatz und eine Wiederherstellung eines Gesprächsrahmens, in dem die Differenzen künftig besprochen werden können.

Erst in diesen Diskussionen wird sich dann herausstellen, ob ein Reset in den russisch-amerikanischen Beziehungen überhaupt möglich ist oder ob die gegenwärtigen Interessengegensätze nicht doch so stark sind, dass sie eine weitere Annäherung zwischen Washington und Moskau verhindern - zumal Obamas stetige Plädoyers für demokratische Werte nicht so einfach mit den russischen Realitäten zusammen zu bringen sind.

Autor: Ingo Mannteufel
Redaktion: Martin Schrader