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Amerika zurück auf dem Kampffeld

Gero Schließ, zurzeit New York24. September 2014

Bei der UN-Vollversammlung spricht US-Präsident Obama von einem bisher nicht gekannten Ausmaß des internationalen Terrorismus - und findet starke Worte für den Kampf dagegen, meint Gero Schließ.

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US-Präsident Barack Obama spricht auf der UN-Vollversammlung in New York
Bild: Reuters/Adrees Latif

US-Präsident Obama hat der UN-Vollversammlung seinen Stempel aufgedrückt. Nicht erst mit seiner Rede vor dem Plenum, sondern bereits einen Tag früher, als er erstmals Luftschläge gegen Stellungen der Terrormiliz des Islamischen Staats (IS) in Syrien anordnete. Diese bemerkenswerte Eskalation im unmittelbaren Vorfeld der Vollversammlung könnte sich als ein schlauer Schachzug erweisen. Die weltweite Zustimmung zur Ausweitung der Luftschläge wird der viel kritisierte Präsident als erste politische Rendite für seinen lange diskutierten Schritt verbuchen. Aber noch wichtiger: Man spürt hier in New York förmlich, dass sich am Rande der UN-Vollversammlung eine eigene Dynamik entwickelt. Und am Ende dürften Präsident Obama und seine Koalition gegen den IS-Terror gestärkt aus der UN-Woche hervorgehen.

Obamas Botschaft an die UN-Vollversammlung war rethorisch glänzend formuliert und von seltener Klarheit: Die Welt ist in einem bisher nicht gekannten Ausmaß bedroht durch internationalen Terrorismus und extremistische Ideologie. Doch Amerika ist zurück auf dem Kampffeld. Obama wiederholte sein Versprechen, die Terrormiliz des Islamischen Staates nicht nur hart zu bekämpfen, sondern am Ende auch zu zerstören.

Obama appelliert an die Verbündeten

Aber der amerikanische Präsident sieht die USA nicht allein im Kampf, sondern gemeinsam mit Verbündeten. Vor allem ging es ihm darum, deutlich zu machen, dass dies kein kultureller oder religiös motivierter Kampf der USA gegen die muslimische Welt ist. Die Beteiligung von fünf arabischen Staaten an den Luftschlägen auf IS in Syrien war in dieser Hinsicht ein gelungener diplomatischer Coup. Erstmals seit dem Ersten Golfkrieg ist es den Amerikanern damit gelungen, wieder eine Koalition mit arabischen Staaten zu schmieden.

Deutsche Welle Gero Schließ Foto: Per Henriksen / DW
Gero Schließ, USA-Korrespondent der Deutschen WelleBild: DW/P. Henriksen

Obamas leidenschaftlicher Appell an die Staatengemeinschaft, sich dem Kampf gegen IS anzuschliessen, dürfte in New York nicht ungehört verhallen. Schon haben Briten und die Türkei angekündigt, sich an militärischen Aktionen beteiligen zu wollen. Weitere Länder werden sicherlich folgen. Und es gehören keine prophetischen Gaben dazu, vorherzusagen, dass deutsche Waffenlieferungen an kurdische Kämpfer mittelfristig auch nicht das letzte Wort sein dürften.

Offene Fragen bleiben

Doch Obama wäre nicht Obama, würde er nicht die politischen Dimensionen herausstellen. Sein Plädoyer für internationale Zusammenarbeit und letztlich politische Lösungen von Konflikten wurde hier, im Plenum der UN-Vollversammlung, gerne gehört. Es dürfte auch Außenminister Steinmeier in die Hand spielen, der ja genauso argumentiert. Obama hat Recht, wenn er dabei bleibt, dass nur multilateral eingebettete poltische Prozesse am Ende bei der Ukraine-Krise, den Nukleargesprächen mit dem Iran, dem Klimaschutz und selbst der Eindämmung der Ebola-Infektion zum Erfolg führen werden. Doch dass auch Härte und Entschlossenheit notwendig sind, um solche Prozesse voranzutreiben, machte er am Beispiel der Ukraine-Krise deutlich. Er kritisierte Russland hart für die Verletzung der Nachkriegsordnung, ließ aber auch erkennen, dass er immer noch auf ein Einsehen von Putin setzt.

Aber auch bei diesem Auftritt konnte Obama manche Widersprüche nicht auflösen: Wie will er jetzt mit dem Assad-Regime umgehen, dem er mit der Bombardierung von IS-Stellungen militärisch - ungewollt - unter die Arme greift? Und wird er den Iran beim militärischen und politischen Vorgehen gegen IS künftig stärker einbinden, wie das die Europäer, allen voran Außenminister Steinmeier, wollen? Kurzfristig überstrahlt wurden Zweifel und Zögerlichkeiten heute von Barack Obamas seltener Entschlossenheit, dem Islamischen Staat den Kampf anzusagen. Das Krebsgeschwür des gewalttätigen Terrors müsse ausradiert werden, formulierte er ungewohnt martialisch am Ende seiner Rede. Starke Worte bei einem starken Auftritt.