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Alles für die Revanche

Noll Andreas Kommentarbild App
Andreas Noll
24. August 2016

Fünf Jahre nach seiner Abwahl bewirbt sich Nicolas Sarkozy noch einmal um das Amt des Staatspräsidenten. Im Gepäck hat der Konservative vor allem den unbändigen Willen, eine alte Schmach zu tilgen, meint Andreas Noll.

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Hollande begrüßt Sarkozy im Elysée-Palast (Foto: Getty)
Bild: Getty Images/T. Chesnot

Wer französischer Staatspräsident werden will, schreibt zu Beginn seiner Kampagne ein Buch, das mehr oder weniger blumig die Vorhaben für die Präsidentschaft umreißt. "Alles für Frankreich" heißt der wenig bescheidende Titel des Werkes, das Nicolas Sarkozy heute dem Publikum vorstellt. Die Botschaft ist klar: Der 61-Jährige wirft sich mit Haut und Haaren in den Kampf um den Elysée-Palast und will sein Vaterland vor dem Untergang bewahren. Denn darum geht es aus der Sicht des früheren Präsidenten: Das Land befindet sich an einer Wegscheide, die Probleme der Immigration, des Terrorismus und der Wirtschaftskrise müssen endlich angepackt und gelöst werden. Und für diese Herkulesaufgabe braucht es einen Retter, daran lässt der Konservative keine Zweifel, von der Statur eines Nicolas Sarkozy.

Wird er damit den Elysée-Palast erobern? Die Franzosen werden es Ende November schon abschätzen können. Denn die größte Hürde vor der Rückkehr ins höchste Staatsamt ist sehr wahrscheinlich nicht die eigentliche Präsidentenwahl im April und Mai 2017, sondern sind die Vorwahlen der Konservativen in drei Monaten. Unter mehr als einem Dutzend Kandidaten können die Partei-Anhänger der Republikaner Ende November in zwei Wahlgängen ihren Kandidaten küren. Unter den Bewerbern sind Hoffnungsträger wie der 47-jährige Bruno Le Maire, der über viel Rückhalt bei der Parteibasis verfügt und exzellente Kontakte nach Deutschland unterhält.

Konservative Parteianhänger entscheiden Wahl

Doch am Ende wird es auf die Stichwahl Sarkozy gegen Alain Juppé hinauslaufen. Der Bürgermeister von Bordeaux und frühere Außen- und Premierminister liegt in den Umfragen seit Monaten mit Abstand vorn und strahlt weit über das bürgerliche Lager hinaus. Er hätte bei den Präsidentschaftswahlen die besten Chancen auf eine breite Mehrheit - egal gegen welchen Gegner in der Stichwahl. Mit seinen 71 Jahren steht Juppé nur für eine Amtszeit zur Verfügung. Eine Amtszeit, die wohl vor allem der Modernisierung des Landes gewidmet sein würde.

Porträt Andreas Noll (Foto: privat/DW)
DW-Redakteur Andreas NollBild: Privat

Doch einen erfolgreichen Reformer Juppé will Sarkozy unter allen Umständen verhindern, war er 2007 doch selbst mit einem ähnlichen Anspruch ins höchste Staatsamt gewählt worden; hatte sich dann aber in einer wahren Flut von Reformprojekten verzettelt. Mit einer allenfalls durchwachsenden Bilanz wählten ihn die Franzosen nach nur einer Amtszeit wieder ab. Das Volk war des Hyper-Präsidenten und seiner pausenlosen Inszenierungen überdrüssig. Bislang gibt es wenig Hinweise, dass sich an dieser Stimmung im Land etwas geändert haben könnte.

Im Fahrwasser des FN an die Macht

Und trotzdem: Diese Schmach, die Niederlage gegen den im Volk schon vor seiner Wahl in den Elysée als schwach und profillos geltenden François Hollande, will Sarkozy im nächsten Jahr tilgen. "Alles für die Revanche" hätte er sein Buch auch nennen können. Warum er 2017 erfolgreicher regieren würde als vor zehn Jahren, konnte der Konservative bislang aber nicht erklären.

Mit einem Law-and-Order-Programm und einem einwanderungs- und islamkritischen Wahlkampf setzt Sarkozy auf altbekannte Rezepte für seine Rückkehr an die Macht. Sollte er am Ende einer Aufholjagd den moderaten Juppé doch noch auf die Plätze verweisen, rechnet er selbst mit Marine Le Pen als Gegnerin in der Stichwahl. Bei dieser Konstellation ist ihm der Einzug in den Elysée sicher. Das Land stünde danach gleichwohl vor einem Scherbenhaufen, da Sarkozy im linken Lager fast genauso verhasst ist wie Le Pen.

Schafft es die Linke in die Stichwahl?

Und dennoch spricht einiges dafür, dass die Sozialisten keinen Kandidaten in die Stichwahl bringen werden. Die Partei von Präsident Hollande ist tief gespalten und schafft es nicht, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu verständigen. Eine Handvoll Bewerber wird sich gegenseitig die Stimmen wegnehmen und so die Linke im Kampf mit dem rechtsextremen Front National empfindlich schwächen.

Und Präsident Hollande? Der derzeitige Hausherr im Elysée wartet ab, wie sich die französische Wirtschaft und der Arbeitsmarkt in den kommenden Wochen entwickeln. Der unbeliebteste Präsident in der Geschichte der Republik will nur antreten, wenn er große Siegchancen hat. Die sind derzeit aber weit und breit nicht in Sicht. Mit François Hollande beschäftigt sich Sarkozy allenfalls am Rande - die Rückkehr des Ex-Präsidenten an die Macht können nur andere verhindern.

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