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Wasser als Menschenrecht

Simone Schlindwein27. Januar 2014

Eigentlich sollte jeder Ugander genügend Wasser haben. Das Land hat Seen und Feuchtgebiete, dazu fällt doppelt so viel Niederschlag wie in Deutschland. Doch Wasser ist in den Slums nicht nur Segen, sondern auch Problem.

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Bildergalerie Uganda unter Wasser
Bild: DW/S. Schlindwein

Wenn es in Ugandas Hauptstadt Kampala regnet, steht in wenigen Minuten die Stadt unter Wasser, vor allem die Armenviertel zwischen den saftig grünen Hügeln in den Feuchtgebieten nahe den Sümpfen. Über 60 Prozent der rund drei Millionen Einwohner leben in Slums – ohne ausreichende Wasser- und Abwasserversorgung, ohne Toiletten und Regenrinnen.

Fliegende Toiletten in den Abflussrinnen

Im Armenviertel Kisenyi in Kampalas Altstadt stinkt es wie in einer Kloake. In der Regenzeit schüttet es fast täglich und dann gleich stundenlang. Doch das Regenwasser versickert nicht, im Gegenteil. Es flutet regelrecht die Wellblechhütten, die ohne Fundament auf dem blanken Boden stehen. Es staut sich in den wenigen Abwasserrinnen, weil diese durch Unrat, Abfälle und Fäkalien verstopft sind.

In dem Slum von Kisenyi leben rund 3000 Menschen. Bis vor wenigen Jahren teilten diese sich gerade einmal sechs Toiletten. Die meisten Bewohner zogen es vor, sich in Plastiktüten zu erleichtern und diese zu dem anderen Abfall in die Abflussrinnen zu werfen. Diese Plastiktüten verstopfen mit der Zeit die Abwasserkanäle. Das Schmutzwasser staut sich, in Regenzeiten passiert dies in nur wenigen Minuten und fließt dann in die Wellblechhütten der Slumbewohner.

Wasser – ein Gesundheitsrisiko

Die Abwässer voller Bakterien, Parasiten und Insekten verbreiten in Kampalas Slums allerlei Krankheiten. Vor allem Kinder leiden permanent unter Durchfall, unter anderem weil sie barfuß in den Pfützen spielen.

Ugandas Regierung hat zwar vermehrt Brunnen, Abwassersysteme und Sanitäreinrichtungen in den Slums gebaut. Doch nicht selten sind diese staatlichen Anlagen nach wenigen Jahren ohne Instandsetzung kaputt und heruntergekommen.

100 Schillinge, umgerechnet drei Eurocent, kostet ein 20-Liter-Kanister Wasser aus dem staatlichen Brunnen. Doch eine sieben- bis zehnköpfige ugandische Familie im Armenviertel braucht drei oder vier Kanister pro Tag, um zu kochen und zu duschen - um Wäsche zu waschen und Geschirr zu spülen noch deutlich mehr. Bei einem Einkommen von 3000 Schillingen am Tag, rund 90 Eurocent, investiert eine Familie fast ein Drittel in Wasser. Das kann sich kaum jemand leisten, deswegen sammeln die Slumbewohner Regenwasser. In der Trockenzeit geht der Wasser- und Geldmangel zu Lasten der Hygiene.

Hilfe zur Selbsthilfe

Die ugandische Nichtregierungsorganisation ACTOGETHER organisiert die Slumbewohner seit rund zehn Jahren in Kollektiven. Mit Hilfe von internationalen Spendengeldern haben sie Sanitäreinrichtungen gebaut: Toiletten, Duschen, Waschbecken, Abwasserrinnen und Brunnen mit Wasserhahn. Jeder Haushalt zahlt in den ugandischen Slums rund 5000 Schillinge, rund 1,50 Euro, pro Monat. Vicky Nakibuuka sammelt das Geld ein und verwaltet es. Davon werden die Toiletten instand gehalten und repariert. Vom Überschuss baut Actogether neue Brunnen und bessere Abwasserrinnen.

ACTOGETHER ist Mitglied in der internationalen Slum-Dwellers-Netzwerk: Von Mumbai bis Brasilien hilft dieses Netzwerk mit Spendengeldern von Stiftungen und der Weltbank den Slumbewohner, ihre Lebensumstände selbst zu verbessern. Die Organisation hat in über 100 Projekte in 16 Ländern investiert.

Derzeit leben rund eine Milliarde Menschen weltweit in Slums. Die Nichtregierungsorganisation Water-Aid schätzt, dass es im Jahr 2020 über 1,4 Milliarden Menschen sein wird. Durch das hohe Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern und die damit einhergehende Verstädterung explodieren die Slums buchstäblich. 70 Prozent der Stadtbevölkerung lebt in Afrika bereits in Slums und diese Zahl nimmt jährlich zu. Afrika hat die größte Zuwachsrate in Slums weltweit und wird laut Schätzungen im Jahr 2020 Asien von der Spitzenposition verdrängen. Doch gerade in Afrika kommt der Staat nicht hinterher, Infrastruktur für die Armen bereit zu stellen.

Entwicklungshilfe für die Armen

Wasser gibt es genug in Uganda – nur sauberes Wasser ist für Menschen in den Armenvierteln fast unerschwinglich.

Hier bemüht sich die Deutsche Entwicklungszusammenarbeit um eine Verbesserung der Rahmenbedingungen: Wassergesetze müssen reformiert werden, Wassertarife so gestaltet werden, dass Arme sie sich leisten können, und die Wasserunternehmen brauchen Strategien für eine nachhaltige Versorgung in den Slums. Außerdem unterstützen die Deutschen Pilotmaßnahmen, bei denen die Bevölkerung unmittelbar mit sauberem und bezahlbarem Wasser versorgt wird. In Uganda liegt der Schwerpunkt auf Hygiene- und Sanitärmaßnahmen in Kampala sowie Wasserprojekten in Städten im Norden des Landes. Ebenfalls fördert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit armutsorientierte Investitionen in Wassernetze und öffentliche Wasserzapfstellen sowie Sanitäreinrichtungen in den Armutsgebieten Kampalas. Auch in Kisenyi.