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"Ich kann die Zweifel verstehen"

30. Juni 2017

Christian Knees soll Chris Froome zum vierten Sieg bei der Tour de France verhelfen. Der deutsche Domestike spricht über die Dominanz seines Sky-Teams und warum er die Zweifel an seiner Mannschaft nachvollziehen kann.

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Christian Knees Spanien Rundfahrt  Radrennen
Edelhelfer: Christian Knees ordnet sich seinem Kapitän völlig unter - und wird deshalb bei Sky geschätzt.Bild: picture alliance/dpa/Augenklick

Froome-Helfer Knees über die Dominanz seines Teams.

DW: Wie überraschend war für Sie die Nachricht, wieder bei der Tour dabei sein zu dürfen?

Christian Knees: Überraschend kam die Nachricht eigentlich nicht. Die letzten vier Jahre bin ich zwar nicht ins Tour-Team berufen worden, war aber immer im erweiterten Aufgebot dabei und habe sie einige Male knapp verpasst, oder habe in einem Jahr meine Prioritäten auch mal anders gesetzt. Insofern war ich gar nicht so überrascht. Als dieses Jahr dann auch noch feststand, dass der Tour-Start in Deutschland ist, kam mein Name auch wieder für die Tour ins Spiel. Ich war natürlich hoch motiviert, es bis hierhin zu schaffen und habe über die ganze Saison mein Bestes gegeben. Das hat letztendlich gereicht, dabei zu sein, was für mich schon ein riesiger Erfolg ist.

Was macht die Tour de France so besonders?

Die Tour ist einfach ein Rennen, bei dem alle Fahrer 100 Prozent fit an den Start gehen. Jedes Team trifft eine Vorselektion und bringt nur neun Leute mit, von denen sie absolut überzeugt sind, dass sie topfit sind. Und dann ist da das mediale Interesse an der Tour, was das Ganze besonders macht. Es sind viel mehr Leute am Straßenrand, wenn die Tour irgendwo im Ausland ist, aber auch in Frankreich ist Urlaubszeit. Es stehen viele Leute aus Europa und der ganzen Welt am Straßenrand. Das ist einfach eine grandiose Atmosphäre.

Ihr Team treibt es in Sachen Perfektion auf die Spitze? Was ist das Erfolgsgeheimnis von Team Sky?

Der Grund ist einfach: Wir sind neun Leute und stehen hintereinander. Bei uns gibt es keine Diskussion, warum oder wann wer den Job macht, sondern jeder macht ihn hundertprozentig. Das ist vielleicht der Unterschied. Wir kommen hierhin und wissen, dass wir eine Aufgabe haben: Chris Froome soll gewinnen. Es wird bei keiner Etappe gesagt: 'Oh, heute könnte ich aber was reißen.' Das steht ganz im Hintergrund. Zudem haben wir eine akribische Vorbereitung mit gemeinsamen Trainingslagern.

Radprofi Christian Knees (l.) fährt vor Christopher Froome (2.v.l.) beim Criterium du Dauphine 2017 (Foto: picture alliance/Augenklick/Roth)
Helfer des Favoriten: Knees (l.) fährt vor Froome (2.v.l.) und hält ihn so lange wie möglich aus dem Wind.Bild: picture alliance/Augenklick/Roth

Die Dominanz von Team Sky lässt manche zweifeln. Können Sie diese Zweifel verstehen?

Wenn man es von außen betrachtet, kann man es natürlich verstehen - gerade mit der Vergangenheit, die der Radsport hat. Man muss aber auch auf die Qualität der Mannschaft schauen: Jeder von uns hätte in einer anderen Mannschaft wahrscheinlich eine Leader-Rolle garantiert gehabt. Das war nichts anderes bei mir beim Team Milram. Da wäre ich als Leader zur Tour gegangen. Aber wir ordnen uns eben Chris Froome unter und damit einem Ziel, und ich denke, das macht uns so dominant. Die Stärke der Mannschaft, aber auch, dass wir wissen was wir tun wollen. Insofern ist das keine Überraschung für mich, dass wir in manchen Jahren doch recht dominant sind.

Die Schlagzeilen der letzten Monate um ihr Team führen dazu, dass Sie hier auch um die Glaubwürdigkeit ihres Teams fahren müssen. Wie gehen Sie damit um?

Wir sind komplett im ADAMS-Programm (Bei diesem Anti-Doping-Programm geben Sportler ihren Standort für Kontrollen an und sind somit theoretisch jederzeit dafür auffindbar - Anm. d. Red.), was alle Radsportler machen müssen. Insofern sollte die Glaubwürdigkeit für uns kein Problem sein. Wir sollten jetzt einfach die Tour genießen und uns auf den Sport konzentrieren.

Wird Chris Froome die Tour wieder gewinnen?

Es ist definitiv schwer dieses Jahr. Wir haben eine andere Streckenführung, vielleicht nicht ganz so schwer, nicht ganz so viele Zeitfahr-Kilometer. Wir haben gute Konkurrenten, aber ich bin guter Dinge, dass er wieder gewinnen wird. Einfach wird es nicht. Es ist nie ein Gang im Park.

Und Ihre persönliche Ambitionen?

Wenn ich am Ende der Tour in Paris mit einem Gelben Trikot am Hinterrad fahren darf, dann ist meine persönliche Ambition total erfüllt.

Radprofi Christian Knees ist 36 Jahre alt und wohnt in der Nähe von Bonn. Über das Team Wiesenhof (2004 bis 2005) kam er zu Milram (2006 bis 2010) und schließlich zum Team Sky (seit 2011). Die diesjährige Frankreich-Rundfahrt ist seine achte. Allerdings war Knees seit 2012 nicht mehr bei der "Großen Schleife" mit dabei. Seine beste Tour-Platzierung holte er 2009 mit Gesamtrang 19. Beim Team Sky ist der Routinier ein wichtiger Helfer für Titelverteidiger Christopher Froome.

Das Interview führte Joscha Weber.