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Klitschko: "Wir brauchen Erfolge"

Bernd Gräßler30. Januar 2015

Der Kiewer Bürgermeister wirbt in Berlin um Unterstützung für Reformen in der Ukraine. Der Krieg sei ein Tiefschlag für die Wirtschaft und die Bekämpfung der Korruption eine Herkulesaufgabe.

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Vitali Klitschko beim CDU Parteitag in Köln 09.12.2014
Bild: Getty Images/S. Gallup

"Die europäische Richtung ist die einzige Richtung für die Ukraine, wir sind ein Teil Europas", erklärt Vitali Klitschko vor rund 200 Zuhörern in den überfüllten Räumen der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Die Menschen zu Hause wollten Freiheit und eine moderne Ukraine. "Wir sind Ukrainer und wollen nicht back to the USSR", sagte der Kiewer Bürgermeister. Die beste Antwort auf die Annexion der Krim durch Russland sei wirtschaftlicher Erfolg der Ukraine, damit sie ihren Menschen ein besseres Leben bieten könne. Entscheidend sei die Lebensqualität. Dabei sei er fest überzeugt, dass sich sein Land auf Freunde, nicht zuletzt "auf Frau Merkel" stützen könne. Denn die Instabilität eines so großen Landes wie der Ukraine könne die ganze Region destabilisieren, warnt der frühere Box-Weltmeister, den die Kiewer im Mai 2014 zu ihrem Bürgermeister gewählt haben. Er sei nach Berlin gekommen, um "die richtigen Informationen zu bringen, Kontakte zu knüpfen und an die richtigen Türen zu klopfen".

Derzeit laufen Verhandlungen zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Ukraine über weitere Finanzhilfen. Merkel und US-Präsident Obama hätten, so hieß es vor zwei Tagen aus dem Weißen Haus, in einem Telefongespräch eine "robuste finanzielle Unterstützung" für die Ukraine vereinbart. Die bisherigen Hilfen von 17 Milliarden Dollar hätten sich als unzureichend erwiesen, vor allem weil durch die anhaltenden schweren Kämpfe im Donbass die Wirtschaft in dieser Industrieregion weitgehend zum Erliegen gekommen ist.

Hauptstadt will bei Reformen vorangehen

Zehn Prozent des Inlandsprodukts und 20 Prozent der Exporte seien vorher aus dieser Region gekommen, sagt Klitschko, der seine Rede frei und auf Deutsch hielt: "Der Krieg ist ein Tiefschlag für die Wirtschaft der Ukraine und ein riesiges Hindernis für die Reformen". Klitschko, der gerade mit Politikern und Wirtschaftslenkern in Davos gesprochen hat, weiß sehr gut, dass man im Westen skeptisch auf den langsamen Fortgang der angekündigten Veränderungen in der Ukraine schaut. Sie betreffen im Wirtschaftsbereich Umstrukturierungen und Privatisierungen staatlicher Unternehmen, auch den stark subventionierten Gaskonzern Naftogaz. Zu den Bedingungen, die der Internationale Währungsfond an seine Milliardenkredite knüpft, gehören aber auch die Erhöhung der Gaspreise und soziale Einschnitte - "unpopuläre Maßnahmen" weiß Klitschko.

Ukraine Kiew PRO NATO EU Beitritt Demonstration 05.09.2014
Kiew: Demonstration pro EU und pro NATOBild: Imago/ITAR-TASS

Als Bürgermeister von Kiew treibt er nach seinen Worten gegenwärtig eine Gesundheits- und eine Polizeireform voran. Um mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung zu schaffen, richte man jetzt E-Government ein. Die Hauptstadt werde vorangehen auf diesem Weg, er hoffe, dass in drei bis vier Monaten Erfolge zu sehen seien.

"Wie kann ich die Russen hassen"

Kiew müsse auch eine stabile Hauptstadt sein, sagt er und erzählt von "zehn Anrufen täglich", in denen in der Stadtverwaltung Bombenanschläge auf Regierungsgebäude, U-Bahnstationen, Kaufhäuser, Bahnhöfe gemeldet würden: " Fast alles Falschmeldungen, aber es gibt ein Interesse, uns zu destabilisieren, Unruhe und Angst unter den Menschen zu verbreiten."

Der Kampf gegen die Korruption, eines seiner Wahlversprechen im vergangenen Frühjahr, sei eine Herkulesaufgabe: "Aber aus meiner sportlichen Karriere weiß ich: ohne Kampf kein Sieg", meint der Mann, der einst eine der höchsten K.o.-Quoten in der Geschichte des Profiboxens erzielte. Man habe von oben angefangen mit einem neuen Präsidenten, einer neuen Regierung, einem neuen Parlament und in Kiew mit einem neuen Stadtrat.

Klitschko fordert eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland, "wenn der Konflikt weiter eskaliert". Im Verhältnis zwischen Ukrainern und Russen spielt aus Klitschkos Sicht die Propaganda Moskaus eine verhängnisvolle Rolle. Wenn er mit russischen Freunden spreche, dann würden die ihm vorwerfen, die heute Regierenden in Kiew hassten die Russen. "Ich gehöre zu den Regierenden", meint Klitschko," aber wie kann ich die Russen hassen, wenn meine Mutter Russin ist."