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Klaus Iohannis und die Unvereinbarkeit

Robert Schwartz14. Januar 2015

Rumäniens Präsident Iohannis muss sich wegen eines möglichen Interessenkonflikts vor dem Obersten Gericht verantworten. Eine erste Instanz hatte den früheren Oberbürgermeister von Hermannstadt freigesprochen.

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Rumäniens Präsident Klaus Iohannis (Foro: REUTERS/Bogdan Cristel )
Bild: Reuters/B. Cristel

Die Tatsachen sind klar: Klaus Iohannis, von 2000 bis 2014 Oberbürgermeister von Sibiu (Hermannstadt), hat die Stadtverwaltung in den Generalversammlungen von zwei Firmen vertreten, deren Miteigentümer die Stadt ist. Darin sah die rumänische Nationale Agentur für Integrität (ANI) einen gesetzeswidrigen Interessenkonflikt. Iohannis klagte gegen den ANI-Bericht und gewann im September 2013 den Prozess eindeutig. Die Feststellung der Agentur über die Unvereinbarkeit des Bürgermeisters von Sibiu wurde für Null und Nichtig erklärt. Daraufhin ging ANI in Berufung beim Obersten Gericht. Prozessbeginn war in dieser Woche, das Urteil wird für den 21. Januar erwartet. Iohannis hatte mehrmals erklärt, in der Sache habe sich seither nichts geändert. Deshalb sei er sich sicher, dass auch das Oberste Gericht zu seinen Gunsten entscheiden würde.

Im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte über die echten oder falschen Befangenheiten und Unvereinbarkeiten rumänischer Politiker steht allerdings nicht Klaus Iohannis, sondern ANI. Die Nationale Agentur für Integrität war auf Druck der Europäischen Kommission gegründet worden, um die Vermögenserklärungen und möglichen Interessenkonflikte öffentlicher Amtsträger zu überprüfen. 2007 war Rumänien das erste Land in der Europäischen Union, in dem eine eigens dafür ins Leben gerufene Institution Politiker genauer unter die Lupe nahm.

Kampf gegen die Korruption

ANI wurde zu einem wichtigen Instrument im sogenannten "Kooperations- und Überprüfungsmechanismus", den die Europäische Kommission für Rumänien (und Bulgarien) seit dem EU-Beitritt (2007) eingeführt hat, um Unzulänglichkeiten bei der Justizreform und der Korruptionsbekämpfung zu beseitigen. Gleich für vier Bereiche hat Brüssel klare Vorgaben formuliert: Justizreform, Integrität, Bekämpfung von Korruption auf hoher Ebene und Prävention und Bekämpfung von Korruption im öffentlichen Sektor.

Und obwohl die Europäische Kommission Rumänien gewisse Erfolge bescheinigt hat, wird das Monitoring des Landes durch den genannten Mechanismus auch sieben Jahre nach dem EU-Beitritt beibehalten. Inzwischen sind mehrere ehemalige Minister und ein früherer Ministerpräsident wegen Korruption verurteilt worden, gegen mehrere Parlamentarier aller politischen Parteien wird ermittelt. Der neue Präsident Klaus Iohannis hat mehrfach betont, die Unabhängigkeit der Justiz als eine seiner obersten Prioritäten zu respektieren und sie vor politischem Zugriff zu schützen.

Durch Immunität geschützt

Bei der Unvereinbarkeit der rumänischen Bürgermeister scheint ANI allerdings über das Ziel hinaus geschossen zu haben. Laut einer wörtlichen Auslegung der Gesetzgebung darf ein Bürgermeister nicht im Verwaltungsrat einer Gesellschaft sitzen, die sich mit kommunalen Entwicklungsprojekten beschäftigt. Mit anderen Worten, ein von der Bevölkerung direkt gewählter Bürgermeister kann sich nicht an der Diskussion und am Entscheidungsprozess über wichtige Vorhaben in seiner Stadt beteiligen. Im Fall Iohannis geht es um seine Mitgliedschaft in der Generalversammlung des kommunalen Betriebs für Wasser-und Abwasserwirtschaft bzw. der kommunalen Märkte. Die Frage, die sich Wähler, Bürgermeister und Experten gleichermaßen stellen, ist berechtigt: Wer, wenn nicht gerade der Bürgermeister, sollte sich vorrangig um Infrastruktur, Wasser-Abwasser und Abfallwirtschaft kümmern?

So sah es auch das Appellationsgericht im September 2013, als Klaus Iohannis vom Verdacht der Unvereinbarkeit freigesprochen und die von ANI festgestellte Inkompatibilität annulliert worden war. Gegen das Urteil legte die Agentur Revision ein. Jetzt soll das Oberste Gericht endgültig in dem Verfahren entscheiden. Laut rumänischer Gesetzgebung dürfen Personen, bei denen Inkompatibilität festgestellt wird, für eine Dauer von drei Jahren kein öffentliches Amt bekleiden. Sollte Iohannis wider Erwarten schuldig gesprochen werden, schützt ihn allerdings seine Immunität als Staatspräsident vor einem Amtsverlust.

Bukarest, Hauptstadt Rumänienes (Foto: Bernd Weißbrod dpa)
EU sieht immer noch Defizite in der Bekämpfung von Korruption in RumänienBild: dpa
Einweihungszeremonie Präsident Klaus Iohannis am 21.12.2014 (Foto: REUTERS/Bogdan Cristel )
Am 21.12.2014 ist Klaus Iohannis als neuer Präsident Rumäniens eingeweiht wordenBild: Reuters/B. Cristel