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Kindsmörder Gäfgen erhält Entschädigung

4. August 2011

Vor neun Jahren entführte und ermordete Magnus Gäfgen den elfjährigen Bankierssohn Jakob von Metzler - jetzt muss ihm das Bundesland Hessen eine Entschädigung zahlen, weil die Polizei im Verhör mit Folter gedroht hatte.

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Entführer und Mörder Magnus Gäfgen (Foto: dapd)
Täter: Magnus GäfgenBild: dapd

Er ist ein Kindsmörder und bereits zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch nun muss das Land Hessen Magnus Gäfgen finanziell entschädigen. Das Landgericht Frankfurt am Main sprach ihm am Donnerstag (04.08.2011) 3000 Euro zu. Die Zahlung stehe Gäfgen zu, weil seine Menschenwürde bei einem Verhör 2002 verletzt worden sei. Das damalige Vorgehen der Polizei sei eine "schwerwiegende Rechtsverletzung" gewesen, so der Vorsitzende Richter Christoph Hefter. Beide Seiten haben noch nicht entschieden, ob sie in Berufung gehen.

Gäfgen hatte 2002 den elfjähigen Jakob von Metzler entführt und später in seiner Wohnung erstickt. Anschließend verlangte er Lösegeld von den Eltern - eine Million Euro für das Leben ihres Sohnes, als Jakob schon gar nicht mehr lebte. Um das Versteck des Jungen zu erfahren, hatte ein Polizist Gäfgen damals im Verhör mit "unvorstellbaren Schmerzen" gedroht. Der Mörder forderte jetzt eine Wiedergutmachung für das, was ihm im Polizeiverhör widerfuhr. Er leide unter psychischen Spätfolgen der Folterdrohungen, argumentierte er. Doch ein Gutachter konnte nicht genau feststellen, ob die psychischen Probleme daher resultierten oder doch eher aus der zerstörten Lebensperspektive, nachdem Gäfgen als Mörder verhaftet und verurteilt wurde.

Mörder prangert menschenrechtswidriges Verhalten an

Bankierssohn Jakob von Metzler (Foto: dpa)
Opfer: Jakob von MetzlerBild: AP

Gäfgen kämpft seit Jahren für sein Recht, zieht von einer Instanz zur nächsten. Seine Taten hat er zwar alle gestanden, doch eine Wiederaufnahme seines Verfahrens konnte er nicht erwirken. So pochte er wenigstens auf einen Ausgleich für die "Schmerzen", die ihm im Verhör bei der Polizei zugefügt wurden.

Angewiesen durch den damaligen Frankfurter Vize-Polizeichef Wolfgang Daschner hatte ein Polizist Gäfgen bei der Vernehmung Gewalt angedroht. Er sollte unbedingt den Aufenthaltsort seines Opfers bekannt geben. Die Ermittler gingen davon aus, dass Jakob noch am Leben war zu diesem Zeitpunkt. Gäfgen führte die Ermittler später an einen Teich, in den er die Leiche des Jungen geworfen hatte.

Was passierte wirklich?

Die Polizisten wurden für ihre Drohungen während des Verhörs bereits im Jahr 2004 zu Geldstrafen verurteilt. Gäfgen sagt, er sei geschubst und geschlagen worden. Der beteiligte Polizist bestätigte die Drohungen, jedoch sei er nie handgreiflich geworden - es stand Aussage gegen Aussage. Nun bekommt Gäfgen zwar eine finanzielle Entschädigung - von den 3000 Euro dürfte jedoch nicht viel übrig bleiben, da der 36-Jährige den Großteil der Prozesskosten tragen muss. Denn eigentlich hatte Gäfgen sogar mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld und zusätzlichen Schadensersatz gefordert, was vom Frankfurter Landgericht jedoch zurückgewiesen wurde.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die Entschädigungzahlung. Das Urteil sei "emotional nur schwer erträglich", sagte der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut - unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit jedoch geboten. Vor allem dürfe das Urteil aber nicht zur Folge haben, dass Polizeibeamte in Verhören nicht mehr intensiv nachfragen dürften.

Autorin: Nicole Scherschun (dapd, afp, dpa)
Redaktion: Thomas Grimmer / Christian Walz