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Kinderarbeit in Turkmenistan

22. Oktober 2004

- Trotz Verbots werden auch dieses Jahr Schüler zur Baumwollernte herangezogen

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Bonn, 21.10.2004, DW-RADIO / Russisch

Trotz der Erklärungen des turkmenischen Präsidenten Saparmurat Nijasow, man dürfe keine Kinder zur Baumwollernte heranziehen, sind in fast allen an Baumwolle reichen Gebieten des Landes Schüler in den "Kampf um die Ernte" geschickt worden. Die Schulen in jenen Gebieten sind leer.

"Wir verbieten, die Arbeitskraft von Schülern beim Unkraut-Jäten oder bei der Baumwollernte auszunutzen, so wie es zu Zeiten der UdSSR war", sagte der turkmenische Präsident Saparmurat Nijasow bei einem Treffen mit turkmenischen Jugendlichen.

"Jeder, der irgendwo arbeitet, muss für seine Arbeit einen entsprechenden Lohn erhalten. Niemand darf erniedrigt und benachteiligt werden", sagte Nijasow.

Der Präsident erlaubte es der Jugend, sich mit führenden Behördenvertretern in den Gebieten und Regionen "anzulegen". "Tragt ihnen Eure Forderungen vor, wenn sie Eure Probleme nicht lösen. Wenn Euch jemand beleidigt, erniedrigt, oder Euch gegenüber ungerecht ist, dann könnt Ihr Kinder höhere Staatsvertreter um Hilfe bitten und von ihnen Maßnahmen fordern. Das ist Eurer Recht und Eure Freiheit", erklärte Nijasow.

Am 28. September hatte Nijasow zuletzt auf einer Sitzung des Ministerkabinetts erklärt, man müsse alle Versuche, Schüler, aber auch Mitarbeiter von Organisationen und Behörden bei der Ernte einzusetzen, unterbinden.

Berichten aus der Stadt Taschaus zufolge werden aber seit dem 13. September alle Schüler der 7. bis 9. Klasse, darunter auch solche, die in Bezirkszentren zur Schule gehen, wegen der Baumwollernte vom Unterricht befreit.

Eine Lehrerin aus Kunjaurgentsch sagte: "Uns hat man gesagt, das dies nur bis Mitte Oktober dauern wird. Aber es ist klar, dass die Kinder nicht vor Ende der Ernte zur Schule zurückgeschickt werden, also bis Mitte-Ende November. Die Eltern protestieren leise, indem sie ihre Kinder nicht gehen lassen. Aber Ärger bekommen wir, die Lehrer. Der Direktor fordert jeden Tag die Anwesenheit, aber wie können wir einen Jugendlichen zwingen, aufs Feld zu fahren, wenn er chronisch krank ist und keine Schuhe oder warme Kleidung hat."

Eine andere Lehrerin aus dem Gebiet Taschaus fügte hinzu: "Unsere Kinder werden zur Baumwollernte wie in die Armee einberufen. Dort müssen sie aus offenen Wasserstellen trinken. Mein 13jähriger Sohn ist an Hepatitis gestorben, der zweite Sohn, er ist 16 Jahre alt, ist auch an Hepatitis erkrankt. Jetzt ist er bei der Ernte und wir haben alle Angst um ihn. Nijasow versichert auf jeder Sitzung, dass Kinder nicht zur Baumwollernte herangezogen werden, aber die Kleinfürsten vor Ort machen ihre eigene Sache und bringen sie mit Gewalt dorthin. Und es gibt gar keine Baumwolle auf den Feldern! Ich weiß nicht, wie die Behörden den Plan erfüllen wollen. Es ist schrecklich und man kann sich bei niemandem beschweren."

Eine Mitarbeiterin einer medizinischen Einrichtung im Gebiet Taschaus sagte der Deutschen Welle, dass die Kinder auf den Baumwollfeldern unter Bedingungen arbeiten würden, die hygienischen Normen nicht genügen würden. Deswegen sei es nicht verwunderlich, dass es in den vergangenen Tagen unter den Jugendlichen zu einer Hepatitisepidemie gekommen sei.

Seit Ende September werden auch Schüler aus Städten zur Baumwollernte herangezogen, aber nicht aus der Hauptstadt. (...)

Gemäß dem turkmenischen Gesetz "Über die garantierten Rechte der Kinder" vom 5. Juli 2002 ist es nicht erlaubt, Schüler während des Schuljahres zu landwirtschaftlichen und anderen Arbeiten heranzuziehen, die keinen Bezug zum Unterricht haben. Ferner ist es nicht erlaubt, Kinder für Arbeiten auszunutzen, die der Gesundheit und der physischen, geistigen oder moralischen Entwicklung schaden. (MO)