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Keine Muslim-Diskriminierung durch Le Pen

15. Dezember 2015

Es war ein für die rechtsextreme Politikerin typischer Spruch, betende Muslime mit der Besatzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland gleichzusetzen. Doch die Richter in Lyon fanden daran nichts Verwerfliches.

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Front-National-Chefin Marine Le Pen im Gerichtssaal von Lyon (Foto: Getty Images/AFP/J.-P. Ksiazek)
Bild: Getty Images/AFP/J.-P. Ksiazek

Die rechtsextreme französische Politikerin Marine Le Pen ist im Prozess um islamkritische Äußerungen freigesprochen worden. Das Strafgericht der ostfranzösischen Stadt Lyon sprach die Vorsitzende des Front National (FN) vom Vorwurf frei, zu "Diskriminierung, Gewalt oder Hass" gegen Muslime angestiftet zu haben. Le Pen hatte Ende 2010 Gebete von Muslimen in der Öffentlichkeit mit der NS-Besatzung Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs verglichen.

"Es ist eine Besatzung von Teilen von Territorium, der Stadtteile, in denen das religiöse Gesetz angewandt wird, das ist eine Besatzung", sagte Le Pen im Dezember 2010 vor Anhängern in Lyon. "Sicher gibt es keine Panzer und keine Soldaten, aber trotzdem ist es eine Besatzung, und sie lastet auf den Einwohnern."

Auch Staatsanwalt forderte Freispruch

Beim Prozess Mitte Oktober forderte die Staatsanwaltschaft aber einen Freispruch. Der Staatsanwalt argumentierte, Le Pen habe bei ihren Äußerungen "von einer Minderheit" gesprochen und nicht auf "die gesamte muslimische Gemeinschaft" abgezielt. Damit habe sie lediglich "ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt".

Der Freispruch erfolgte nun zwei Tage nach der zweiten Runde der landesweiten Regionalwahlen. Le Pen hatte den Prozess am Verhandlungstag als politisch motiviert angeprangert: "Wundert sie dieser Terminkalender nicht?" sagte sie zu Journalisten. "Wir stehen einen Monat vor einer Wahl, und diese Angelegenheit liegt fünf Jahr zurück."

Strategie der "Entteufelung" des FN geht auf

Die Tochter des mehrfach wegen rassistischer und antisemitischer Äußerungen verurteilten FN-Gründers Jean-Marie Le Pen stand in Lyon erstmals wegen ähnlicher Vorwürfe vor Gericht. Sie ist eigentlich darum bemüht, den Front National im Vergleich zu ihrem Vater gemäßigter erscheinen zu lassen und so neue Wähler zu gewinnen. Ihren Vater ließ sie im Sommer sogar aus der Partei werfen, nachdem dieser zum wiederholten Male die NS-Gaskammern als "Detail" der Geschichte des Zweiten Weltkriegs bezeichnet hatte.

Die Strategie der Parteichefin einer "Entteufelung" oder "Entdämonisierung" des Front National geht augenscheinlich auf: Bei den Europawahlen im Mai 2014 wurde der FN erstmals in ihrer Geschichte stärkste Partei Frankreichs. Bei der zweiten Runde der Regionalwahlen stimmten nun mehr als 6,8 Millionen Franzosen für die Rechtsextremen - und damit mehr als jemals zuvor.

sti/fab (afp, ap)