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Punk gegen Putin

Roman Goncharenko20. Juni 2012

Drei Mitglieder der russischen Punkband "Pussy Riot" bleiben vorerst in Haft. Die Frauen hatten vor der Präsidentenwahl eine Anti-Putin-Performance in einer Kathedrale veranstaltet.

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Maria Aljochina vor Gericht Foto: Anton Novoderezhkin (ITAR-TASS )
Bild: picture-alliance/dpa

Schon seit gut vier Monaten sitzen die jungen Musikerinnen im Gefängnis. Und sie werden wohl noch eine Weile hinter Gittern bleiben. Das Taganski-Gericht in Moskau hat am Mittwoch (20.06.2012) die Untersuchungshaft für Nadeschda Tolokonnikowa, Jekaterina Samuzewitsch und Maria Aljochina um einen Monat bis zum 24. Juli verlängert.

Ihre Band "Pussy Riot" hatte im Februar, wenige Wochen vor der Präsidentenwahl in Russland, ein Konzert in der Moskauer Erlöser-Kathedrale gegeben. Bei diesem "Punk-Gebet" in bunten Masken und mit wilden Gitarrenriffs flehten die jungen Frauen die Mutter Gottes an, "Putin zu verjagen". Die umstrittene Performance löste in der Russischen Orthodoxen Kirche einen Sturm der Entrüstung aus. Und so kamen auch jetzt zahlreiche Gläubige zum Gericht und forderten eine harte Strafe für "Pussy Riot".

Eine der Punkerinnen sagte vor der Verhandlung zu Journalisten, die Ermittler hätten versucht, mit Drohungen ein Geständnis zu erzwingen. "Man sagte mir, wenn ich keine Schuld eingestehe, bekomme ich drei bis vier Jahre Gefängnis", so Nadeschda Tolokonnikowa. Sie selbst halte sich aber für unschuldig. Die Staatsanwaltschaft hat sich zu ihren Vorwürfen bislang nicht geäußert.

Menschenrechtler fordern Freilassung

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) reagierte mit Kritik auf den Gerichtsentscheid. "Die Untersuchungshaft ist unbegründet", sagte der Berliner AI-Russland-Experte Peter Franck im Gespräch mit der Deutschen Welle. Seine Organisation fordert deswegen eine "bedingungslose Freilassung" der inhaftierten Pussy-Riot-Frauen.

Maskierte Mitglieder der Band "Pussy Riot" in der Moskauer Erlöser-Kathedrale Foto: Mitya Aleshkovsky (ITAR-TASS)
"Punk-Gebet" in der Moskauer Erlöser-KathedraleBild: picture-alliance/dpa

Amnesty International hatte Tolokonnikowa, Samuzewitsch und Aljochina bereits im Frühjahr als politische Häftlinge eingestuft. Auf einer speziell im Internet eingerichteten Webseite wird Freiheit für "Pussy Riot" gefordert. Die Anwälte der Inhaftierten haben inzwischen eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingereicht.

Russische Justiz bleibt hart

Sowohl der Vorsitzende des Menschenrechtsrates beim russischen Präsidenten, Michail Fedotow, als auch Prominente, wie Tschulpan Chamatowa, hatten sich für die Freilassung der Musikerinnen eingesetzt. Man sollte Gnade zeigen und die Frauen zu ihren Kindern gehen lassen, sagte die beliebte russische Schauspielerin und Kinderrechtsaktivistin vor dem Gerichtsgebäude. "Das Strafmaß ist unverhältnismäßig", betonte Chamatowa, die zusammen mit Dutzenden Aktivisten Freiheit für die Mitglieder der Punkband forderte. Doch alle Appelle an das Gericht blieben bisher ohne Erfolg.

Die russische Justiz will offenbar Härte zeigen. Das Gericht entschied im Sinne der Staatsanwaltschaft, die eine Verlängerung der Untersuchungshaft gefordert hatte. Mehrere Demonstranten wurden vor dem Gerichtsgebäude festgenommen. Bei einer Verurteilung drohen den jungen Frauen von "Pussy Riot" bis zu sieben Jahre Freiheitsentzug.

Patriarch Kyrill unter Druck

Der Fall "Pussy Riot" lenkt seit Monaten zunehmend Aufmerksamkeit auf Patriarch Kyrill, das Oberhaupt der Russischen Orthodoxen Kirche. Mit ihrer Performance gegen Wladimir Putin in der Erlöser-Kathedrale hätten sie auf die Nähe der Kirchenführung zum Kreml und der Regierungspartei "Einiges Russland" aufmerksam machen wollen, sagten die jungen Frauen von "Pussy Riot".

Patriarch Kyrill Foto: Sergey Pyatakov (dpa)
Unter Druck: Patriarch KyrillBild: picture-alliance/dpa

Doch Kyrill gerät nicht wegen des Pussy-Riot-Skandals in der russischen Öffentlichkeit unter Druck, sondern aus einem anderem  Grund: Eine sehr teuere Uhr, die das Kirchenoberhaupt offenbar gerne trug, bringt Kyrill jetzt in Bedrängnis. Auf einem Foto des Patriarchen wurde die Uhr an dessen Hand von der Pressestelle der Kirche einfach wegretuschiert. Dabei vergaß man aber, auch das Spiegelbild der Uhr auf dem hochglanzlackierten Tisch zu entfernen. Ein Moskauer Radiosender verlieh daraufhin dem Patriarchen in Abwesenheit einen Satirepreis.